Auftakt der Abschiedstournee Heino sagt zum Abschied laut „tschüss“

Nürnberg · Von wegen leise servus: In fast 60 Bühnenjahren hat sich Heino tief ins musikalische Gedächtnis eingegraben. Jetzt feiert er ein furioses Tournee-Finale.

 80 Jahre und kein bisschen leise: Heino beim Auftakt seiner Abschiedstournee in Nürnberg.

80 Jahre und kein bisschen leise: Heino beim Auftakt seiner Abschiedstournee in Nürnberg.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Das Jackett passt auch nach Jahrzehnten noch. „Es sitzt noch. Genau wie der Schneider, der es genäht hat.“ Das Kalauern scheint Heino im Alter so richtig Spaß zu machen, zumindest auf der Bühne. Ganz gelassen gleitet der 80-Jährige am Freitagabend in Nürnberg zum Start seiner „Und Tschüss“-Abschiedstournee in das rote Jackett – und hebt zu „Sierra Madre“ an, einem der vielen Ohrwürmer, mit denen er sich tief in das Musikgedächtnis Deutschlands eingegraben hat.

Auch seine Baritonstimme sitzt noch so tief wie vor Jahrzehnten. Nur statt der Feuerzeuge schwenken die Fans inzwischen ihre leuchtenden Smartphones. Fast 60 Jahre steht Heino nun mit seinen blonden Haaren und der schwarzen Sonnenbrille im Rampenlicht. Mit Liedern wie „Blau blüht der Enzian“ und „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ wurde er zur Schlager- und Volksmusik-Ikone.

Mehrmals erfand er sich dabei neu und passte sich neuen Trends an. Ungeniert bediente er sich in seinem Spätwerk an Stücken, die in den Charts ganz oben standen, ohne deren Text und Komposition zu verändern. Nicht immer zur puren Freude der Urheber, die wie die Metal-Rocker von Rammstein zunächst verschnupft reagierten, als Heino ihren Song „Sonne“ coverte, ihn dann aber auf das Wacken Open Air zum legendären gemeinsamen Auftritt einluden. Auch Marius Müller-Westernhagen, von dem Heino „Willenlos“ übernahm, drückte großzügig ein Auge zu. Umgekehrt verzieh Heino auch jenen, die ihn aufs Korn nahmen. Mit Otto Waalkes, der Heino in seinem Film „Otto – Der Film“ als Zombi singend aus Gräbern aufsteigen ließ, versöhnte sich Heino nach 34 Jahren Fehde.

Im Dezember feierte Heino seinen 80. Geburtstag und nahm sein Abschiedsalbum „...und Tschüss“ auf – mit alten und neuen, gecoverten Pop- und Rocksongs wie „Über sieben Brücken musst Du gehen“ von Karat, „Das Model“ der Elektropop-Legende Kraftwerk oder „Da Da Da“ von Trio. Doch mit der schon fertigen Einspielung des Rammstein-Titels „Engel“ gab es diesmal offenbar zu viel Ärger. Heino nahm das Stück kurz vor der Veröffentlichung wieder aus dem Album.

Heinos Enkel Sebastian singt beim ersten, ausverkauften Konzert der Abschiedstournee zwei selbst komponierte Lieder, darunter eine Ballade über seinen Großvater. Darin heißt es: „Der Junge mit der Gitarre, der Geschichten erzählt. Haltung nicht als Ware, das Herz vorangestellt.“ Heino sagt daraufhin – und es klingt wie ein Vermächtnis –, jede Generation habe ihre Lieder und alles habe seine Zeit. „Alles verändert sich, und ich habe mich auch verändert.“ Er sei glücklich, dass er hier auf der Bühne stehen und seinen Fans danken könne – „die mir in den letzten Jahrzehnten treu geblieben sind“.

In seinem Spätwerk schöpft der gelernte Bäcker und Konditor aus Düsseldorf aus Dankbarkeit, Humor und Altersweisheit. Für seine Fans Sigrun und Frank-Roland Gabler, beide um die 60, die eigens aus Thüringen zum Tourauftakt nach Nürnberg gekommen waren, hätte es an dem Abend etwas mehr von dem alten Heino sein dürfen, der damals in der DDR verboten war und mit dem sie die Hoffnung auf Freiheit und Wiedervereinigung verbanden. „Heute war das doch etwas zu modern.“ Typisch Heino eben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort