Auf den Spuren der letzten Giganten

Vancouver. Towyn Watt kann seine Trophäen weder auf den Kaminsims stellen noch ausstopfen lassen. Sie sind nämlich gigantisch. Und mit nach Hause nehmen, kann man sie auch nicht. Der 27-jährige Kanadier jagt schon seit sechs Jahren Riesenbäume und dokumentiert sie. Gerade ist er von einem seiner Streifzüge auf der kanadischen Insel Vancouver Island zurückgekehrt

 Fast 80 Meter hoch: die Rot-zeder, die Watt in "Avatar Grove" entdeckte. Foto: Watt

Fast 80 Meter hoch: die Rot-zeder, die Watt in "Avatar Grove" entdeckte. Foto: Watt

Vancouver. Towyn Watt kann seine Trophäen weder auf den Kaminsims stellen noch ausstopfen lassen. Sie sind nämlich gigantisch. Und mit nach Hause nehmen, kann man sie auch nicht. Der 27-jährige Kanadier jagt schon seit sechs Jahren Riesenbäume und dokumentiert sie. Gerade ist er von einem seiner Streifzüge auf der kanadischen Insel Vancouver Island zurückgekehrt.Das Objekt seiner Begierde hat er auf Film gebannt: eine Rotzeder, die aus allen Bäumen herausragt. Aus Erfahrung weiß der Fotograf: Sie muss schon existiert haben, als Kolumbus seinen Fuß auf den amerikanischen Kontinent setzte. "Neun Menschen könnten ihre Arme um diesen Baum legen", sagt er.

Eine Stunde lang hat er sich - von Mückenschwärmen verfolgt und mit Adrenalin im Blut - durch das Dickicht gekämpft. Diesmal fand Watt aber nicht nur die über 500-jährige Rotzeder, sondern einen weiteren, fast 60 Meter hohen Giganten, dazu einen Baumstrunk, an dem er die Ringe zählte: "Es waren 700 Jahre."

Wie die Suche nach Gold

Im Sommer ist Watt Woche für Woche unterwegs, im Rennen um die Zeugen des kanadischen Urwaldes, die vom Kahlschlag verschont geblieben sind. Die Fotos stellt er anschließend auf seine Webseite. Für Watt sind solche Bäume die letzte große Herausforderung in der Wildnis der Provinz British Columbia. "Die Jagd auf Trophäenbäume macht so süchtig wie die Suche nach Gold", erklärt er seine Leidenschaft. Im Internet macht er die Giganten ausfindig. Mit Hilfe von Google Earth findet er die Oasen uralter Bäume, die außerhalb der geschützten Parks in entlegenen Regionen wachsen. Vor dem Bildschirm packt ihn der Kitzel, "wenn die Farbe dunkler und nicht so regelmäßig ist."

 Fast 80 Meter hoch: die Rot-zeder, die Watt in "Avatar Grove" entdeckte. Foto: Watt

Fast 80 Meter hoch: die Rot-zeder, die Watt in "Avatar Grove" entdeckte. Foto: Watt

Seine bislang bedeutsamste Entdeckung machte er vor zwei Jahren in der Nähe seines Dorfes Port Renfrew auf Vancouver Island. In der Dämmerung erhaschte er einen Blick auf Baumspitzen, die wie hölzerne Armleuchter über das Walddach hinausragten. Watt konnte sein Glück nicht fassen: "Hier, nur zehn Minuten von der Straße entfernt, entdecke ich 500 bis 1000-jährige Bäume!", sagt er. "Ich bin wie ein Kind in einem Süßwarenladen herumgehüpft." Diese Rotzedern und Douglasien sind bis zu achtzig Meter hoch. Seine Organisation "Ancient Forest Alliance" versucht die uralten Bäume zu schützen. Doch die Behörden von Port Renfrew machen nun daraus die Touristenattraktion "Avatar Grove". Die Riesen, die lange Fußmärsche entfernt liegen, hat er aber auch weiterhin ganz für sich allein.

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