Demonstration gegen Massentourismus Auf den Barrikaden gegen Sauftourismus

Palma · Etwa 3000 Menschen demonstrierten am Samstag auf der Urlaubsinsel Mallorca gegen die Belastungen durch den Tourismus.

 Teilnehmer einer Großdemonstration unter dem Motto ·So weit ist es gekommen! protestieren am vergangenen Samstag auf Mallorca gegen Massentourismus und private Ferienwohnungen.

Teilnehmer einer Großdemonstration unter dem Motto ·So weit ist es gekommen! protestieren am vergangenen Samstag auf Mallorca gegen Massentourismus und private Ferienwohnungen.

Foto: dpa/Oliver Brenneisen

(dpa) So etwas hat es auf Mallorca noch nie gegeben: Erstmals sind auf der spanischen Urlaubsinsel tausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen den Massentourismus zu protestieren. Rentnerin Maria aus Palma ist schon längst der Kragen geplatzt: „Es gibt inzwischen zu viele Menschen, zu viel Müll und zu wenig gesunden Menschenverstand – seitens der Besucher, aber auch der Geschäfte, die vom Tourismus profitieren“, sagt die Rentnerin am Rande des Protestes am Samstagabend in der Insel-Hauptstadt Palma.

Nach Medienschätzungen waren es mehr als 3000 Menschen, die von der Plaça d‘Espanya im Zentrum Palmas bis zum Regionalparlament marschierten. Sie trugen Plakate mit Aufschriften wie „Ohne Beschränkungen gibt es keine Zukunft!“. Zur Protestaktion unter dem Motto „So weit ist es gekommen! Stoppt den Massentourismus!“ hatten mehr als 50 Verbände und Institutionen aufgerufen, darunter die Naturschutzverbände GOB und Terraferida.

Seit 2012 erleben Mallorca und die anderen Baleareninseln einen Besucherrekord nach dem anderen. Dieses Jahr gab es zwischen Januar und Juli 7,9 Millionen Besucher – 7,5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Aber nicht nur der älteren Generation sind sie ein Graus: die überfüllten Strände, die vor allem wegen der vielen Mietwagen immer häufiger verstopften Straßen, die zunehmenden Probleme bei der Müllentsorgung und der Wasserversorgung. Auch der „Sauftourismus“ und das schlechte Benehmen vor allem einiger deutscher und britischer Urlauber ist vielen zuwider.

Die Verantwortlichen sind sich der Probleme bewusst. Die linke Regionalregierung beschloss eine Verdoppelung der Touristenabgabe ab 2018. Zudem trat jüngst ein Gesetz in Kraft, das unter anderem die Zahl der Übernachtungsplätze auf gut 623 000 beschränkt. Vor allem bei der Einschränkung der privaten Ferienvermietung müsse die Regierung aber „noch mutiger“ sein, fordert GOB-Sprecherin Margalida Ramis. „Ich verstehe die Sorgen der Menschen“, sagt Tourismusminister Biel Barceló. Auch einige Touristen haben Verständnis. Der Protest sei „normal“, sagt die Deutsche Julia: „Es muss schwer sein, mit so vielen Touristen zusammenzuleben.“ Im Sommer hatte es auf den Balearen und auch an anderen beliebten Reisezielen Spaniens zum Teil gewalttätige Proteste gegen den Massentourismus gegeben.

Am Ballermann machen Anwohner ihrem Ärger gegen den „Sauftourismus“ Luft, indem sie an Fenster und Balkone schwarze Fahnen hängen. Hier ist der Unmut nach einem Eklat mit Neonazis, die im Juni im Kultlokal „Bierkönig“ „Ausländer raus!“ riefen, Frauen belästigten und einen dunkelhäutigen Mann anpöbelten, besonders groß. Zumal es immer wieder Schlägereien unter Deutschen sowie zwischen Deutschen und afrikanischen Straßenhändlern gibt.

Einigkeit herrscht auf der Insel aber nicht. Der Verband der Hoteliers von Mallorca (FEHM) kritisiert die Demonstration scharf: Inmaculada Benito bezeichnet die Aktion als „Angriff auf die Wirtschaft der Balearen“. Der Tourismus sorgte zuletzt für knapp 45 Prozent des regionalen Bruttoinlandsprodukts. Im vorigen Jahr gaben die ausländischen Besucher auf den Inseln mit gut 13 Milliarden Euro rund 10,5 Prozent mehr aus als 2015.

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