Alles dreht sich ums Bier

München. "Wichtig ist, dass die Wies'n trocken bleibt", sagt Toni Roiderer in kehlig-bajuwarischem Tonfall. Der Sprecher der Oktoberfestwirte meint damit keine alkoholische Dürre sondern die Witterung. Denn bei Sonnenschein steigt der Bierdurst, und auch Fahrgeschäfte kommen eher auf ihre Kosten. Der Wirt der Wirte steht neben Inge Bruch, Besitzerin der Alpina Achterbahn

München. "Wichtig ist, dass die Wies'n trocken bleibt", sagt Toni Roiderer in kehlig-bajuwarischem Tonfall. Der Sprecher der Oktoberfestwirte meint damit keine alkoholische Dürre sondern die Witterung. Denn bei Sonnenschein steigt der Bierdurst, und auch Fahrgeschäfte kommen eher auf ihre Kosten. Der Wirt der Wirte steht neben Inge Bruch, Besitzerin der Alpina Achterbahn. Dieses Duo verkörpert idealtypisch die Zwei-Klassen-Gesellschaft, die sich auf dem weltgrößten Volksfest immer mehr auftut. Denn während es in den Biertempeln vermehrt schäumt, darben die Schausteller - und das bundesweit.

"Es wird jedes Jahr weniger", bestätigt der Vorstandschef der Münchner Schausteller, Manfred Zehle. Die Geschäfte schrumpften jährlich. An ein Jahr mit Zuwächsen könne er sich nicht erinnern. Was Manfred Zehle sagt und Inge Bruch am eigenen Leib erfahren hat, sei typisch für die Branche, bestätigt Christoph Jansen vom Deutschen Schaustellerbund. Mit 12280 verschiedenen Veranstaltungen im Jahr sei Deutschland zwar immer noch Volksfest-Weltmeister. Die konstant 178 Millionen Besucher, davon gut sechs Millionen beim Oktoberfest, würden aber für Achterbahn und Karussell immer weniger Geld ausgeben. Spitzenjahr war 1999 mit einem Branchenumsatz von vier Milliarden Euro. 2008 könne man froh sein, wenn es bei der Hälfte dessen bleibt.

Ganz anders sieht die Welt im Bierzelt aus. "Die Wirte schreiben gute Umsätze", sagt Jansen. Diese hüten ihre Gewinnspanne besser als ein Liechtensteiner Bankgeheimnis. Er betreibe ein Wirtschaftsunternehmen, sagt Roiderer zum Reibach befragt. Die Kosten stiegen jedes Jahr und lägen bei einem Großzelt wie seinem Hacker-Biertempel bei zwei Millionen Euro. Beim Umsatz wird es wieder schwammig. "Jedes Jahr zu wenig", sagt Roiderer und hat dabei ein angedeutetes Lächeln um die Lippen.

Mit fünf Prozent Aufschlag auf den Bierpreis (bis zu 8,30 Euro pro Maß) liegt die Inflationsrate für Gerstensaft 2008 klar über der allgemeinen Teuerungsrate. Auch beim Essen seien es "ein paar Prozent mehr", räumt Roiderer ein.

Besitzer von Fahrgeschäften und Buden können sich keine Preiserhöhung erlauben, seit zehn Jahren nicht, klagt Zehle. Vor allem die Kernkundschaft Familie habe real immer weniger im Geldbeutel, könne den Euro nur einmal ausgeben, und der lande dann immer öfter in den Bierzelten. Wenn die Entwicklung so weitergehe, müssten Ende des Jahres die ersten der bundesweit rund 5000 Schausteller aufgeben, sagt Jansen. "Die machen das nur, wenn ihnen das Wasser mindestens bis zum Hals steht", betont der Verbandssprecher. Denn Schausteller seien meist mehrere Generationen alte Familienbetriebe.

Roiderer kann das kein Mitleid entlocken. Der Wies'nwirt hat seine eigene Erklärung für Boom und Flaute dies- und jenseits der Bierzeltplanen: "Eine Fahrt mit dem Karussell dauert drei Minuten, eine Maß austrinken eine Stunde."