140 Sekunden RuhmDeutschland kaum verdunkeltEppelborner reist für Sonnenfinsternisse um die ganze Welt

Moskau. Ausgebuchte Hotels, Sonderflüge, eigens angelegte Campingplätze und tausende freiwillige Helfer - alles für ein 140 Sekunden langes Naturspektakel. Die russische Stadt Nowosibirsk, rund 5000 Kilometer östlich von Berlin hinter dem Ural gelegen, wird am Freitag zur Sonnenfinsternis-("Sofi"-)Pilgerstätte

 Partielle Sonnenfinsternis 2006 im Spreewald Foto: dpa

Partielle Sonnenfinsternis 2006 im Spreewald Foto: dpa

Moskau. Ausgebuchte Hotels, Sonderflüge, eigens angelegte Campingplätze und tausende freiwillige Helfer - alles für ein 140 Sekunden langes Naturspektakel. Die russische Stadt Nowosibirsk, rund 5000 Kilometer östlich von Berlin hinter dem Ural gelegen, wird am Freitag zur Sonnenfinsternis-("Sofi"-)Pilgerstätte. Mehr als 15000 ausländische Besucher, darunter hunderte Deutsche, reisen in die sibirische Metropole am Ob, um eine zwei Minuten und 20 Sekunden lange totale Sonnenfinsternis zu sehen. Dabei schiebt sich der Neumond vor die Sonnenscheibe und verdunkelt sie komplett - es erscheint eine schwarze Scheibe mit Strahlenkranz. Nowosibirsk ist weltweit die größte Stadt, in der das Phänomen zu beobachten sein wird. "Diese einzigartige Darbietung macht unsere Stadt am Freitag weltberühmt", frohlockt Oberbürgermeister Wladimir Gorodezki. Dabei sorge die sibirische 1,5-Millionen-Metropole auch für Hobby-Astronomen, die ohne eigenes Teleskop anreisen: Etwa 20 kostenlose Beobachtungsplätze, zum Teil malerisch am Ob-Ufer gelegen, mit insgesamt 200 Fernrohren habe die Kommune für Besucher eingerichtet, sagte Gorodezki der Agentur RIA Nowosti. Der wichtige Verkehrs- und Handelsknotenpunkt Nowosibirsk wolle die Sonnenfinsternis zur Imageförderung nutzen, betont Dmitri Mikitschenko, Chef des regionalen Tourismuskomitees. Derzeit sei Russlands drittgrößte Stadt international wohl nur als Station der berühmten Transsibirischen Eisenbahn bekannt. Daher soll pünktlich nach dem Ereignis gegen 17.45 Uhr Ortszeit im Zentrum ein buntes Treiben beginnen. Zudem bieten örtliche Clubs wie "New York Times" an der Lenin-Straße, in dem schon die deutsche Band Scorpions rockte, spezielle Abendshows an. Und einige der 87 Hotels veranstalten "Sonnenfinsternis-Galas" mit festlichen Buffets und Tanzmusik.

Auch viele Deutsche erleben das Phänomen an Ort und Stelle. Allein 150 Jugendliche nehmen an einer zwölf Tage dau-ernden Tour teil, die von der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch mitveranstaltet wird. Von Moskau aus ging es für sie am vergangenen Wochenende im Zug Nummer 026 "Sibirjak" auf die 3000 Kilometer lange Fahrt. "Zum Essen serviert man im Sonderspeisewagen hoffentlich gute russische Küche", sagt Dana Ritzmann vom Moskauer Goethe-Institut, das die Reise mitorganisiert. In Nowosibirsk erleben die Jugendlichen aus zwölf Schulen und Verbänden mit 30 Gleichaltrigen aus Russland Ausflüge in die Region sowie Workshops und verfolgen das Naturschauspiel.

"Der Sonne wegen nach Sibirien, das gab es noch nicht", wundert sich Dolmetscher Boris Berestow. Prognosen zufolge soll auch das Wetter mitspielen. Von einem Militäreinsatz wie am 9. Mai ist jedenfalls nichts bekannt: Damals hatte die russische Armee zum Tag des Sieges über Hitler-Deutschland mit einer Mixtur aus Stickstoff und einer Silberlegierung oder mit Zementpuder erfolgreich Wolken vom Himmel über Moskau vertrieben.

Düsseldorf. Bei der partiellen Sonnenfinsternis am Freitag wird es unter deutschem Himmel kaum spürbar dunkler werden - der Mond bedeckt diesmal nur einen kleinen Teil der Sonne. Dabei gibt es ein Nord-Süd-Gefälle: Während etwa in Hamburg und Berlin immerhin rund 20 Prozent der Sonnenscheibe hinter dem Erdtrabanten verschwinden, sind es in München nur noch knapp acht Prozent. Im Norden beginnt der Mond wenige Minuten nach 10.30 Uhr damit, die Sonnenscheibe "anzuknabbern", in Süddeutschland beginnt die Verfinsterung um kurz vor 11 Uhr. Nach und nach nimmt die Sonne dann die Form einer Sichel an, die zwischen etwa 11.30 und 11.45 Uhr am ausgeprägtesten ist. Eine knappe Stunde später ist das Schauspiel vorbei. Experten warnen nachdrücklich davor, die Finsternis ohne ausreichenden Schutz für die Augen zu verfolgen.

Eine totale Verfinsterung ist am Freitag nur in einem Streifen von Nordkanada über Grönland, dem Nordpolarmeer, Sibirien und der westlichen Mongolei bis nach China zu sehen.

Die nächste totale Sonnenfinsternis hierzulande wird erst wieder im September 2081 eintreten. afp

Eppelborn. Wenn sich morgen genau wie im russischen Nowosibirsk auch in der Wüste Gobi für eine Minute und 50 Sekunden der Mond vor die Sonne schiebt, dann ist der Eppelborner Alexander Birkner (Foto: Welter) live dabei. Um das Spektakel zu erleben, trifft sich der 37-Jährige in einem Camp mit rund 300 anderen Hobby-Astronomen aus aller Welt. Seit acht Jahren reist der Sternengucker den Sonnenfinsternissen hinterher. Er war in Sambia, in Südafrika, zweimal in Spanien, in Italien, Island, Tunesien und der Türkei. Nächstes Jahr geht es nach Schanghai, dann auf die Malediven und 2012 auf die Osterinseln. Birkner: "Ich weiß schon bis zu meinem Lebensende, wo ich jedes Jahr meinen Urlaub verbringe."

Denn seiner Leidenschaft bleibt er seit 1999 treu. Damals erlebte er zuhause die totale Sonnenfinsternis. Er fuhr mit Teleskop im Handgepäck nur wenige Kilometer entfernt nach Frankreich. Birkner erinnert sich noch genau an die knapp zwei Minuten Finsternis: "Das war unglaublich, die starken Kontraste, die ganze Atmosphäre, die Kälte, die Vögel, die aufhörten zu zwitschern."

Seitdem hat ihn diese Leidenschaft nicht mehr losgelassen. Sogar seine Hochzeitsreise widmete er einer Sonnenverdunkelung. dög

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