Zum Fremdschämen

Der Generalsekretär der Fifa ist eine der wichtigsten Figuren im Fußball-Weltverband. Die Stimme hinter Präsident Sepp Blatter.

Wenn Jérôme Valcke also mitteilt, die Weltmeisterschaft 2022 im Wüstenstaat Katar werde vermutlich vom brutheißen Sommer in die kühleren Wintermonate verlegt, hat er sich das nicht aus dem Finger gesogen. Und wenn der Top-Funktionär wenig später vom eigenen Verein dementiert wird, weil andere Kräfte in der Fifa eben ein anderes Interesse haben, sagt das vor allem dies aus: Die Fifa ist und bleibt der korrupte Saftladen, den wir seit Jahrzehnten kennen.

Schon die Vergabe der WM an das Mini-Scheichtum am persischen Golf war ein Skandal ohnegleichen. Interessant ist dabei nicht, dass die Korruption bekannt wurde - sondern dass sie folgenlos blieb. Zwar mussten von den 24 Mitgliedern des Exekutivkomitees bereits elf zurücktreten, acht davon wegen krimineller Machenschaften. Doch auch die verbliebenen Funktionäre zeigen bei Fragen nach der Moral nur Desinteresse. Am wenigsten interessiert an einer Aufklärung ist übrigens Uefa-Chef Michel Platini. Der aus Nancy stammende Ex-Nationalspieler hat eifrig die Trommel für Katar gerührt, bis in den Elysée-Palast hinein - und wie durch ein Wunder hat sein Sohn danach eine lukrative Anstellung bei der "Qatar Sport Investments" bekommen. Platini will übrigens 2015 Nachfolger von Blatter als Fifa-Boss werden.

Wie verlogen auch deutsche Sportskanonen zu dem fragwürdigen Thema stehen, zeigen gerade Bayern München und Schalke 04. Warum sich die beiden Bundesligaklubs ausgerechnet in Katar auf die Liga vorbereiten müssen, wo nicht nur die Bälle, sondern auch Menschenrechte mit Füßen getreten werden, ist allerdings kein Geheimnis: Sponsoren zahlen das Baden im Luxus, auch um im Nahen Osten "neue Märkte" zu erschließen.

Zum Fremdschämen ist auch, wenn die "Lichtgestalt" Franz Beckenbauer in ihrer unvergleichlichen Naivität das üble Kafala-System im rechtsfreien Scheichtum nicht mal kennt ("Ich habe hier noch keinen einzigen Sklaven gesehen"). Das schlichte Gemüt des "Kaisers", der übrigens auch in Diensten gelenkiger Demokraten in Russland steht, lässt wohl keine andere Sicht zu. Immerhin haben Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger und Liga-Präsident Reinhard Rauball das "sklavenähnliche System" in Katar kritisiert, wo "Gastarbeiter" vor den Augen der Welt schamlos ausgebeutet werden. Auch deshalb wäre der Ruf nach Verlegung der WM ein guter Anlass, mal grundsätzlich darüber nachzudenken, ob die Königsdisziplin des Sports überhaupt in einem solch wüsten Land stattfinden muss. Weil nichts zurückbleiben wird außer einem schalen Geschmack.

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