Zu viele Geschwindigkeiten

Meinung · Während die Finanzminister der Euro-Staaten versuchen, die Gemeinschaftswährung zu retten, jubelt Deutschlands Wirtschaft über die beste Stimmung seit der Wiedervereinigung: Mit einem Schlaglicht wird hier der Kontrast innerhalb der EU beleuchtet. Bei der Erholung nach der Krise hinken andere Länder Deutschland bestensfalls hinterher

Während die Finanzminister der Euro-Staaten versuchen, die Gemeinschaftswährung zu retten, jubelt Deutschlands Wirtschaft über die beste Stimmung seit der Wiedervereinigung: Mit einem Schlaglicht wird hier der Kontrast innerhalb der EU beleuchtet. Bei der Erholung nach der Krise hinken andere Länder Deutschland bestensfalls hinterher. Die größten deutschen Unternehmen haben in den ersten neun Monaten ein Gewinnwachstum von fast 50 Prozent erreicht, in Frankreich immerhin 20 Prozent plus; in Portugal, Belgien, Spanien herrscht Stagnation, in Griechenland ein Rückgang von 40 Prozent. Europa hat zu viele Geschwindigkeiten.Auch wenn Deutschland als Exportnation stark von einer gesunden EU abhängt - mehr als die Hälfte der Exporte gehen in die Gemeinschaftszone - dürfte das Wachstum hierzulande solide bleiben: Die Lohnstückkosten sind vergleichsweise niedrig, die Produktivität hoch - Deutschland hat in den vergangenen Jahren wettbewerbsfähige Strukturen geschaffen.

Die aber fehlen in mehreren Problemstaaten der Union: In Portugal beispielsweise kommen nur noch 15 Prozent der Wertschöpfung aus der Industrie - im gesamten Euroraum sind es 18, in Deutschland 24 Prozent. Und rund drei Viertel der 25- bis 64-jährigen Portugiesen haben keine Berufsausbildung. Auch in Italien nimmt die Produktivität in der Privatwirtschaft seit der Jahrtausendwende kaum noch zu.

Insofern ist Irland weniger das Problem, denn das Land hat eine vergleichsweise gut aufgestellte Exportwirtschaft. Es sind Länder wie Portugal, Griechenland, Spanien und auch Italien, die der Union gefährlich werden. Sie stehen vor einer Herkulesaufgabe, denn neben den hohen Defiziten, die die Länder weiter nicht in den Griff bekommen, müssen sie auch noch die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Das geht nur durch harte Sparmaßnahmen auf der einen und Investitionen - unter anderem in Bildung - auf der anderen Seite.

Vorerst bleibt der EU nichts anderes übrig, als die Staaten bei dieser Entwicklung stützend zu begleiten. Gleichzeitig muss sie aber Maßnahmen ergreifen, den Stabilitätspakt so hart zu machen, dass er seinen Namen verdient. Sonst droht sie langfristig zu einer reinen Transferunion zu werden. Überfällig sind dabei auch Regeln für einen geordneten Staatsbankrott.

Illusionär sind dagegen Forderungen nach einem Ausschluss einzelner Länder aus der Gemeinschaftswährung. Die Annahme, ein Land könne einfach wieder zu seiner alten Währung zurückkehren, ist Blödsinn. Die Probleme, die dadurch entstünden, wären größer als die, die man zu lösen versucht.

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