Wolfgang Schäuble wird zum Außenseiter

Berlin. Wolfgang Schäuble hat derzeit in der Regierung den schwersten Stand. Seit dem Eklat um seinen Pressesprecher Michael Offer steht der Bundesfinanzminister unter Beobachtung - auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das ist das eine. Hinzu kommt, dass der Ressortchef mit seinen Steuerplänen für handfesten Ärger in den Koalitionsfraktionen von Union und FDP gesorgt hat

Berlin. Wolfgang Schäuble hat derzeit in der Regierung den schwersten Stand. Seit dem Eklat um seinen Pressesprecher Michael Offer steht der Bundesfinanzminister unter Beobachtung - auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das ist das eine. Hinzu kommt, dass der Ressortchef mit seinen Steuerplänen für handfesten Ärger in den Koalitionsfraktionen von Union und FDP gesorgt hat. Schäuble scheint inzwischen isoliert. Die Liberalen nehmen kein Blatt mehr vor den Mund: "Von den bisherigen Vorschlägen, die Herr Schäuble zur Reform der Gemeindefinanzen und zur Steuervereinfachung gemacht hat, bin ich enttäuscht", machte FDP-Generalsekretär Christian Lindner gestern deutlich. Ähnlich hatte sich zuvor auch Fraktionschefin Birgit Homburger geäußert. "Enttäuscht" ist allerdings noch recht milde ausgedrückt: Die Koalitionäre fühlen sich vom Minister schlichtweg übergangen und ignoriert. So soll es in den Vorstandssitzungen der Unionsfraktion Anfang dieser Woche heftig gekracht haben, selbst Fraktionschef Volker Kauder soll "stinksauer" gewesen sein. Vor allem, weil der Finanzminister seinen Vorstoß, den Kommunen einen Zuschlag auf die Lohn- und Einkommensteuer zu erlauben, vorher nicht abgesprochen hatte. Auch nicht mit der extra dafür eingesetzten Reformkommission. Das Streitthema soll nun bei der Sitzung des Koalitionsausschusses am Donnerstag nächster Woche erörtert werden. "Die Steuerpolitik bleibt der zentrale Brandherd in der Koalition", stichelte gestern SPD-Fraktionsvize Joachim Poß in der Aktuellen Stunde des Bundestages zur Gemeindefinanzreform. Und er hat Recht. Denn auch beim Thema Steuervereinfachung hat Schäuble den Zorn der eigenen Reihen auf sich gezogen. Einerseits, weil er die Reform der Mehrwertsteuer auf die lange Bank schieben will. Andererseits wollen die Fraktionen von Union und Liberalen beim Kampf gegen die Finanzbürokratie deutlich mehr erreichen, als bisher aus dem Ministerium vorgelegt worden ist. So heißt es, Wolfgang Schäuble habe nur Ideen zur Vereinfachung der Verwaltung präsentiert, aber nichts, was den Bürgern konkret zu Gute komme. Für besonders viel Unmut bei Union und FDP sorgt Schäubles Plan zur Umsetzung der Steuererklärung alle zwei Jahre. So ist nicht etwa beabsichtigt, eine einzige Steuererklärung für diesen Zeitraum zu ermöglichen. Das Konzept des Ministers sieht auch weiterhin eine eigene Erklärung für jedes Jahr vor. Durch eine Verlängerung der Abgabefrist um zwölf Monate soll lediglich ein zweijähriger Rhythmus ermöglicht werden. Eine "schnöde Fristverlängerung" werde man aber nicht mitmachen, schallt es dem Minister nun aus dem schwarz-gelben Lager entgegen. Widerstand erfuhr Schäuble kürzlich auch bei einem Treffen mit den Ländern, die das Vorhaben sowieso grundsätzlich kritisch sehen. Inzwischen fragt man sich immer lauter, was mit Schäuble los ist. Die "handwerklichen Fehler" hätten zugenommen, die Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium sei schwieriger geworden, heißt es aus Koalitionskreisen. Zugleich ist aber die Hoffnung da, dass sich der Minister wieder fängt. Beim Thema Steuervereinfachung hat er dazu Zeit bis Dezember. Dann müsse der Entwurf vorliegen, sagte FDP-Fraktionschefin Homburger.

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