Wird in Südafrika der Befreier zum Henker?

Kapstadt. Das Land am Kap ist am Vorabend der vierten demokratischen Wahl nach dem Ende der Apartheid gespalten wie nie zuvor. Die Gräben scheinen unüberwindbar: Die Vorsitzende der "Democratic Alliance" (DA), Kapstadts Oberbürgermeisterin Helen Zille, entwirft geradezu ein Schreckensbild von der Zukunft Südafrikas

Kapstadt. Das Land am Kap ist am Vorabend der vierten demokratischen Wahl nach dem Ende der Apartheid gespalten wie nie zuvor. Die Gräben scheinen unüberwindbar: Die Vorsitzende der "Democratic Alliance" (DA), Kapstadts Oberbürgermeisterin Helen Zille, entwirft geradezu ein Schreckensbild von der Zukunft Südafrikas. Die Wahl des umstrittenen ANC-Chefs Jacob Zuma zum Staatspräsidenten an diesem Mittwoch werde das Land "mit Sicherheit auf den Pfad der Vetternwirtschaft, der Korruption und der Kriminalisierung eines gescheiterten Staates führen. Und sie wäre das sichere Rezept für Kapitalflucht, die Auswanderung der gut Ausgebildeten und die Abwanderung der Investoren", prophezeit sie. Die vom ANC abgespaltene neue Partei "Congress of the People" (COPE) malt die Zukunft Südafrikas noch schwärzer: COPE-Vize Mbhazima Shilowa und der Spitzenkandidat in der Provinz Westkap, Allan Boesak, warnen, dass Südafrika unter Zuma "leicht zu einem Ein-Parteien-Staat wie Simbabwe unter Robert Mugabe" werden könnte. "Der Befreier kann schnell zum Henker werden", fürchtet Boesak, selbst ehemaliges ANC-Mitglied. Andere sprechen offen über eine drohende "Afrikanisierung" Südafrikas.Auslöser dieser Ängste ist Jacob Zuma, nach Nelson Mandela und Thabo Mbeki der mit großer Wahrscheinlichkeit dritte gewählte Staatspräsident des demokratischen Südafrikas. Der 67-Jährige ist der populärste Politiker Südafrikas. Für die einen ist er zwar der Teufel. Die anderen sehen in ihm aber den Heilsbringer. Sogar Pieter-Dirk Uys, Südafrikas bekanntester politischer Kabarettist und einer der schärfsten Kritiker des ANC und Zumas, räumt ein, dass der ANC-Chef das Zeug habe "ein guter Präsident zu werden, vielleicht sogar ein großer". Nach letzten Umfragen wird der ANC mit ihm an der Spitze wieder über 60 Prozent der Stimmen einfahren. Die offene Frage ist offenbar nur, ob er seine Zwei-Drittel-Mehrheit verteidigen kann. Doch die Umfragen offenbaren zugleich, dass der Traum von einer Regenbogennation am Kap auch 15 Jahre nach dem Ende der Apartheid immer noch eine Illusion ist. Fast 80 Prozent der schwarzen Wähler wollen an diesem Mittwoch für den ANC stimmen. Zilles DA ist dagegen eindeutig die Partei der Weißen: 60 Prozent der befragten weißen Wähler erklärten, dass sie ihre Stimme der Partei der Kapstadter Oberbürgermeisterin geben wollen.Zuma übernimmt die Staatsführung zu einem Zeitpunkt, zu dem die globale Krise auch Südafrika erreicht hat. Bei nur rund 5,5 Millionen Steuerzahlern sind 13,4 der rund 55 Millionen Einwohner bereits auf staatliche Transferleistungen angewiesen. Der ANC hat angekündigt, dass er nach der Wahl ein weiteres, millionenschweres Programm zur Armutsbekämpfung auflegen will. Nkosikhulule Nyembezi und Elroy Paulus von der Bürgerrechtsbewegung Black Sash haben ausgerechnet, dass - ungeachtet offizieller Statistiken - die Arbeitslosigkeit zwischen 30 und 40 Prozent liegt. Der Kapstadter Wirtschaftsjournalist Brendan Boyle schreibt: "Im Vergleich zu 2004, als Mbeki seine zweite Wahl gewonnen hat, zeigen bei Zumas Amtsantritt alle wirtschaftlichen Indikatoren nach unten." Nach Jahren mit Wachstumsraten über sechs Prozent prognostiziert die Regierung für 2009 nur noch ein Wachstum von 1,2 Prozent. Analysten erwarten sogar die erste Rezession der jungen Demokratie.

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