Wieder warten alle, ob Wolfgang Wagner weicht

Bayreuth. "Weiche, Wotan, weiche!" So beschwört Urmutter Erda in Richard Wagners Oper "Rheingold" den Göttervater Wotan. "Weiche, Wolfgang, weiche!" - so möchten wohl viele Wagner-Freunde in diesen Tagen dem Leiter der Bayreuther Festspiele, Wolfgang Wagner, zuraunen

Bayreuth. "Weiche, Wotan, weiche!" So beschwört Urmutter Erda in Richard Wagners Oper "Rheingold" den Göttervater Wotan. "Weiche, Wolfgang, weiche!" - so möchten wohl viele Wagner-Freunde in diesen Tagen dem Leiter der Bayreuther Festspiele, Wolfgang Wagner, zuraunen. Vor der mit Spannung erwarteten Sitzung des Stiftungsrats am kommenden Dienstag in Bayreuth richten sich alle Blicke auf den 88-Jährigen: Wird er bis dahin seinen Rücktritt erklären oder zumindest einen verbindlichen Zeitpunkt dafür nennen? Mit einer solchen Erklärung würde der dienstälteste Intendant der Welt nach 57-jähriger Amtszeit - davon 41 Jahre Alleinherrschaft - den Weg für eine Neubesetzung frei machen. Die Nachfolgerinnen stehen bereit: Seine beiden Töchter Eva Wagner-Pasquier (63) und Katharina Wagner (29) haben jetzt ihr gemeinsames Konzept zur künftigen Festspielleitung beim Stiftungsrat eingereicht, wie dessen Vorsitzender Toni Schmid am Freitag bestätigte. Die beiden Halbschwestern genießen das Vertrauen des Gremiums: Sowohl Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) als auch der bayerische Kunstminister Thomas Goppel (CSU) und der Vorsitzende der einflussreichen Mäzene "Gesellschaft der Freunde von Bayreuth", Karl Gerhard Schmidt, halten die Doppelspitze unter den gegenwärtigen Bedingungen für die beste Lösung.Unter Druck will sich der Stiftungsrat jedoch keinesfalls setzen lassen. Von der anstehenden Sitzung dürfe man nicht zu viel erwarten, versichern Mitglieder des Gremiums unisono. Die Bewerberinnen Eva und Katharina, die dem Stiftungsrat nicht angehören, werden aller Voraussicht nach nicht persönlich erscheinen. Ob Wolfgang Wagner kommt, kann zurzeit niemand sagen. Zuletzt hatte er sich - zum Ärger des Stiftungsrats - von seinem Anwalt vertreten lassen. Beschleunigt werden könnte Wagners Rückzug durch die schwierige Finanzsituation der Festspiele. Der Bund und das Land Bayern als die wichtigsten Geldgeber froren ihre Zuschüsse ein. Die Mäzene sind nicht länger bereit, das Defizit auszugleichen. An einer Erhöhung der öffentlichen Förderung führt kein Weg vorbei. Dazu sind die Zuschussgeber im Prinzip auch bereit: Kulturstaatsminister Neumann machte klar, der Bund wolle sich nicht aus seiner finanziellen Mitverantwortung zurückziehen. Voraussetzung sei allerdings eine Erneuerung in Bayreuth. Gibt Wagner die ersehnte Rücktrittserklärung rechtzeitig ab, so beginnt gemäß der Stiftungssatzung zunächst eine viermonatige Bewerbungsfrist. Vom 29. April an gerechnet, würde diese genau zwischen dem Ende der diesjährigen Festspiele, dem 28. August, und Wolfgang Wagners 89. Geburtstag am 30. August enden. Erst danach könnte endgültig über die künftige Bayreuther Festspielleitung entschieden werden. Eine Verkürzung der Frist wäre jedoch durchaus denkbar: Wenn sich die gesamte Familie Wagner "einmütig bereit findet, jede Lösung mitzutragen, die ansonsten gefunden wird, dann kann die viermonatige Phase der Findung sicherlich kürzer ausfallen", erläuterte Bayerns Kunstminister Thomas Goppel. Dass es im Falle von Wolfgang Wagners Rückzug auf seine beiden Töchter zulaufen wird, daran gibt es gegenwärtig keine ernsthaften Zweifel. Diese Chance, die immer dringlicher werdende Nachfolgefrage endlich zu lösen, wird der Stiftungsrat nach jahrelanger Hängepartie nicht verspielen wollen.

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