Wie Europa mit kriminellen Ausländern umgeht
Brüssel. Kriminelle Ausländer sollen ohne Rücksicht auf Alter oder Familiensituation ausgewiesen werden. Dieses Votum der Schweizer vom Sonntag entsetzt in der EU niemanden wirklich. Obwohl die Eidgenossen zumindest in einem Punkt die europäischen Standards brechen: Künftig wird es keine Einzelfallprüfung mehr geben. Die ist aber EU-weit vorgeschrieben
Brüssel. Kriminelle Ausländer sollen ohne Rücksicht auf Alter oder Familiensituation ausgewiesen werden. Dieses Votum der Schweizer vom Sonntag entsetzt in der EU niemanden wirklich. Obwohl die Eidgenossen zumindest in einem Punkt die europäischen Standards brechen: Künftig wird es keine Einzelfallprüfung mehr geben. Die ist aber EU-weit vorgeschrieben. Grundsätzlich gilt für alle EU-Bürger das Recht der freien Reise und der Niederlassung. Allerdings muss, wer länger als 90 Tage bleibt, nachweisen, dass er einen Wohnsitz und ein geregeltes Einkommen hat sowie sozialversichert ist. Wer eine Straftat begeht, kann jederzeit ausgewiesen werden. Brüssel will vor allem die Abschiebehaft begrenzen. Laut Kommission soll sie höchstens sechs Monate betragen, das EU-Parlament besteht auf 18 Monaten. In der EU werden pro Jahr rund 380 000 Menschen abgeschoben.Ob Ausweisung (dies ist der reine Verwaltungsakt) oder Abschiebung (das ist das Zwangsmittel) - in Deutschland hängt alles von der Schwere einer Tat ab. So sind Ausländer grundsätzlich dann auszuweisen, wenn sie zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden sind. Auch Drogenhändler werden ab einer Haftstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung des Landes verwiesen. Eine sofortige Abschiebung binnen weniger Tage ist beispielsweise vorgesehen, wenn der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorliegt. Umstritten ist seit langem die Abschiebung krimineller Kinder und Jugendlicher.
Nach dem Streit um die Ausweisung von 10 000 Roma bessert Frankreich seine Gesetze derzeit nach. Die Einzelfallprüfung soll nunmehr Voraussetzung für eine Abschiebung sein. Umstritten ist etwas anderes: Paris zählt bereits aggressives Betteln zu den möglichen Ausweisungsgründen. Im Vorfeld der Präsidentenwahl 2012 hat Frankreich insgesamt auf eine härtere Linie umgeschaltet.
In Italien werden Ausweisungen und Abschiebungen von der Regierung befürwortet - auch gegen Volksgruppen wie Roma. Und unabhängig vom Alter. Monatelang stritt das Land über die Abschiebung eines dreijährigen Mädchens. Auch EU-Bürger können ausgewiesen werden, wenn sie straffällig geworden sind. Dazu wurde das Strafgesetz geändert. Wer etwa einen illegalen Flüchtling beherbergt, begeht inzwischen ein Verbrechen.
In Dänemark wiederum können Ausländer, die sich erst seit kurzem im Land aufhalten, auch wegen geringfügiger Straftaten ausgewiesen werden. Erst vor wenigen Monaten wurde der Katalog der Delikte, die Abschiebungsgründe sein können, erweitert. Dazu gehören nun illegaler Waffenbesitz, gewöhnliche Gewalt, Sozialbetrug sowie Taten gegen die Sicherheit des Staates. Durch die neuen Straftatbestände sprang die Zahl der Ausweisungen und Abschiebungen deutlich nach oben. Dänemark ist stolz auf seine strikte Politik gegen kriminelle Ausländer.
Das Nicht-EU-Land Norwegen dagegen ist fast ein "Paradies". Wer ein Jahr als Ausländer in Haft sitzt, hat Anspruch auf Sozialhilfe, nach drei Jahren sogar auf Rente und Sozialversicherung.
In vielen anderen EU-Staaten laufen die Vorbereitungen, das Ausländerrecht zu verschärfen. Dazu zählen die Niederlande, Spanien, Griechenland, Portugal sowie die baltischen Republiken. Auch in Schweden hält die Regierung Delikte wie "anstößiges Betteln" inzwischen für so gravierend, dass dies künftig ein Ausweisungstatbestand werden soll.