Wie China seine Interessen verfolgt Neue Weltordung „Made in China“

Peking · Wie eine neue Weltordnung „Made in China“ aussehen könnte, verrät Chinas Außenminister Wang Yi eher nebenher. Er preist die Beziehungen zu Russland als gutes Beispiel für das Verhältnis zwischen zwei großen Staaten, lobt den eisernen Bruder Pakistan oder propagiert die umstrittene chinesische Initiative für eine „Neue Seidenstraße“ als die größte Plattform für internationale Zusammenarbeit.

Es ist ein zweistündiger Rundumschlag, den der Außenminister anlässlich der Jahrestagung des Volkskongresses auf einer Pressekonferenz am Freitag in der Großen Halle des Volkes gibt.

Zu Beginn will eine chinesische Journalistin brav wissen, welche Erfolge Chinas Außenpolitik in den 70 Jahren seit Gründung der Volksrepublik verzeichnet habe. „Eine sehr passende Eröffnungsfrage“, findet Wang Yi, als sei nicht alles vorher abgesprochen gewesen, als lägen die Antworten nicht alle vorbereitet vor ihm auf dem Tisch. „China steht immer weiter in der Mitte der Weltbühne“, liest er zum Einstieg ein Zitat von Staats- und Parteichef Xi Jinping vom Blatt ab. Und natürlich: „Die Errungenschaften sind zu allererst der Führung der Kommunistischen Partei zu verdanken.“

Die Welt erlebe bislang ungesehene Veränderungen, stellt er weiter fest. Dann mahnt er die USA zu Geduld im Atomkonflikt mit Nordkorea. Der Streit dauere schon Jahrzehnte: Man könne nicht erwarten, dass er über Nacht gelöst wird. Wang Yi warnt die USA und Nordkorea vor überzogenen Forderungen: Niemand sollte die Latte anfangs zu hoch setzen oder einseitig unrealistische Forderungen stellen.

Auffällig vorsichtig redet der Außenminister über die USA. Immerhin laufen gerade heikle Verhandlungen über ein Ende des Handelskrieges, der Chinas Wirtschaft zu schaffen macht. Der Außenminister lobt die Gespräche als gutes Beispiel für Kooperation. Aber ein Durchbruch lässt länger auf sich warten als gedacht.

Manchmal ist die Strategie auch teile und herrsche, wie europäische Diplomaten bemängeln. Wang Yi umwirbt die neue, rechtsgerichtete Regierung in Rom, sich der Seidenstraßen-Initiative anzuschließen. Das Projekt steht im Mittelpunkt einer neuen Weltordnung in Chinas Sinne. Es geht um milliardenschwere Investitionen in Wirtschaftskorridore zwischen China und Europa, Afrika, bis nach Lateinamerika, aber auch innerhalb Asiens. Italien wäre die bisher größte Volkswirtschaft und das erste Mitglied der Gruppe der großen Industrienationen (G7), das sich dem Projekt anschließt. Es würde einen Keil in die Gruppe der großen EU-Länder treiben, die Probleme mit der Initiative haben. Den Europäern fehlt es an internationalen Standards, Transparenz, Umweltschutzgarantien, gleichen Wettbewerbsbedingungen und öffentlichen Ausschreibungen. Zu 90 Prozent machen chinesische Unternehmen das Geschäft.

Wer bei der Seidenstraße mitmachen will, muss eine scheinbar harmlose Vereinbarung unterschreiben, die Fallstricke enthält, wie Diplomaten warnen. Da wird Respekt vor Kerninteressen gefordert. Damit meint China seine umstrittenen Machtansprüche auf weite Teile des Ost- und Südchinesischen Meers oder auch auf das demokratische Taiwan, das notfalls gewaltsam erobert werden soll.

China lässt seine wirtschaftlichen Muskeln spielen, winkt mit Milliarden und Infrastrukturprojekten. Wang Yi widerspricht dem Argument, dass Staaten in Abhängigkeit von China geraten könnten. Auch Italien soll sich nicht dem Druck beugen, von der Seidenstraße abzusehen: „Wir vertrauen darauf, dass es sich an die Entscheidung hält, die unabhängig getroffen wurde.“

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