Werben um die besten Köpfe

Meinung · Die Bertelsmann Stiftung und der Industrie- und Handelskammertag (DIHK) haben Alarmierendes ermittelt: Deutschland ist für hoch qualifizierte junge Menschen aus dem Ausland keine erste Adresse mehr. Gleichzeitig wandern jährlich 40 000 deutsche Führungskräfte und Wissenschaftler ins Ausland ab

Die Bertelsmann Stiftung und der Industrie- und Handelskammertag (DIHK) haben Alarmierendes ermittelt: Deutschland ist für hoch qualifizierte junge Menschen aus dem Ausland keine erste Adresse mehr. Gleichzeitig wandern jährlich 40 000 deutsche Führungskräfte und Wissenschaftler ins Ausland ab. Zwar spricht Letzteres auch für das deutsche Bildungssystem, da dieses international gefragte Spitzenkräfte hervorbringt, und für die Weltoffenheit und Weltgewandtheit der jungen Menschen hierzulande. Unterm Strich aber bleibt: Wir verlieren Macher. Und jede Spitzenkraft sichert mit ihrem Wissen und ihrer Initiative mehrere Jobs für andere Beschäftigte. Letztlich fällt Deutschland so im internationalen Wettbewerb der Ideen und Entwicklungen gefährlich zurück. Zumal sich auch keine einzige deutsche Universität mehr unter den führenden 20 Elite-Standorten der Welt wiederfindet. Was läuft hier falsch? Es wäre zu kurz gegriffen, das Problem nur auf Hemmnisse bei der Einwanderung zu verkürzen. Führungskräfte und Wissenschaftler aus aller Welt finden in den USA und in anderen Ländern Westeuropas meist deutlich attraktivere Arbeitsbedingungen vor als an deutschen Universitäten und Forschungseinrichtungen. Sie erhalten eine bessere Bezahlung, mehr Freiräume und mehr Verantwortung. Eine der Aufgaben muss also darin bestehen, Forschern und Entwicklern an deutschen Hochschulen größere Chancen anzubieten. Eine andere, die Neiddebatte in Deutschland zu hinterfragen. Oft entsteht der Eindruck, als würden hierzulande Akademiker und Führungskräfte vor allem als Bezieher hoher Einkommen wahrgenommen. In den USA, aber auch in vielen anderen Ländern, werden sie dagegen als Leistungsträger gewürdigt.Deutschland braucht zudem eine "Willkommenskultur", ein positives Klima gegenüber qualifizierten Einwanderern. Ohne diese wird unser Land, schon wegen der rückläufigen Bevölkerungszahl, in den kommenden Jahren wirtschaftlich und als Standort renommierter Wissenschaften verarmen. Auch die Politik muss energischer handeln, die Arbeits- und Lebensperspektiven für die besten Köpfe aus aller Welt verbessern. Angefangen bei großzügigen Regeln für den Nachzug von Familienangehörigen, über eine Vereinfachung der doppelten Staatsbürgerschaft bis hin zur Gewährung eines langfristigen Aufenthaltsrechts im Land. Denn eins ist gewiss: Kein Akademiker aus dem Ausland wird in Deutschland seine Zukunft suchen, wenn ihm nach kurzer Zeit wieder die Tür gewiesen wird.

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