Wer mehr Ärzte will, muss Studienplätze schaffen

Saarbrücken. Anfang April hat Gesundheitsminister Philipp Rösler dem Numerus Clausus für das Medizinstudium den Kampf angesagt. Er sprach sich dafür aus, diese Zulassungsbeschränkung abzuschaffen, weil der Notendurchschnitt allein nichts darüber aussage, ob jemand ein guter Arzt werde. Rösler befürwortete stattdessen die Einführung einer Landarzt-Quote

Saarbrücken. Anfang April hat Gesundheitsminister Philipp Rösler dem Numerus Clausus für das Medizinstudium den Kampf angesagt. Er sprach sich dafür aus, diese Zulassungsbeschränkung abzuschaffen, weil der Notendurchschnitt allein nichts darüber aussage, ob jemand ein guter Arzt werde. Rösler befürwortete stattdessen die Einführung einer Landarzt-Quote. Der Numerus Clausus für Studiengänge in Medizin und die Landarzt-Quote haben aber miteinander überhaupt nichts zu tun. Wenn man den Numerus Clausus abschaffen will, muss man den Hochschulen mehr Geld zur Verfügung stellen, damit diese mehr Lehrpersonal einstellen können. Da Medizinstudenten an Patienten ausgebildet werden müssen, ist es weiterhin erforderlich, dass weitere Kliniken (Akademische Lehrkrankenhäuser) in die Ausbildung der Mediziner eingebunden werden. Der Bund und die Länder haben den "Hochschulpakt 2020" vereinbart. Zur Bewältigung der anstehenden Doppel-Abiturjahrgänge sollen mehr Studienplätze geschaffen werden. Geschaffen werden jedoch nur "billige" Studienplätze (unter anderem in den geisteswissenschaftlichen Fächern), während aus den Mitteln des Hochschulpaktes bundesweit kein einziger neuer Medizin-Studienplatz geschaffen wird. Offensichtlich ist die Politik nicht gewillt, das Problem des Numerus Clausus in der Medizin zu lösen.Die Einführung einer Landarzt-Quote betrifft hingegen ausschließlich die Verteilung vorhandener Plätze. Ein Blick in die Vergabeverordnung der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) zeigt, dass es bereits zahlreiche "Sonder-Quoten" gibt, etwa für die Zulassung ausländischer Staatsangehöriger, für Härtefälle, für die Zulassung zum Zweitstudium, aber auch für die Zulassung im Sanitätsoffiziersdienst der Bundeswehr. Selbstverständlich kann man bei der Verteilung der vorhandenen Studienplätze noch weitere "Sonder-Quoten" einführen, zum Beispiel eine für Landärzte oder auch eine für Klinikärzte. Bekanntlich beklagen auch die Krankenhäuser einen erheblichen Nachwuchsmangel. Man muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass die Einführung neuer Sonderregelungen zwangsläufig zu einer Verringerung der "Regel-Aufnahmequoten" führt, also der Abiturbesten-Quote, des Anteils für Auswahlverfahren der Hochschulen und der Altwarter-Quote. Letztere beträgt 20 Prozent. Jeder fünfte Studienplatz wird demnach von der ZVS an jene Anwärter vergeben, die besonders lange gewartet haben - also in diesem Sommer zwölf Semester. Wenn man die Quote für Altwarter verringert, wird sich konsequenterweise ihre Wartezeit erhöhen. Doch schon eine Wartezeit von zwölf Semestern ist unzumutbar und führt zu einer hohen Abbruch-Quote bei denjenigen Medizinstudenten, die erst nach sechs Jahren ihre Zulassung zum Studium erhalten haben. Wenn sich die Wartezeit weiter erhöht, wird mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit auch die Abbruch-Quote steigen. In der Vergangenheit hat die Rechtsprechung Zweifel geäußert, ob eine über zwölf Semester hinausgehende Wartezeit verfassungsrechtlich hinnehmbar ist. Dies sind indes Fragen der Verteilungsgerechtigkeit. Mit der Abschaffung des Numerus Clausus im Studiengang Medizin hat das überhaupt nichts zu tun. Dr. Wolfgang Zimmerling ist Fachanwalt für Verwaltungs- und Arbeitsrecht in Saarbrücken. Er ist spezialisiert auf Hochschulzulassungsrecht.

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