Wer an der Software spart, zahlt einen hohen Preis

Saarbrücker. Viele Kunden konnten in den letzten Tagen kein Geld am Bankautomatenabheben. Zu Recht ärgerten sie sich über stümperhafte Software auf den Kreditkarten. Offensichtlich ist das passiert, was viele bereits zur Jahrtausendwende befürchtet hatten: ein Software-Crash. Der Schaden geht in die Millionen. Software ist heute überall, im Kühlschrank, im Auto und beim Zahnarzt

Saarbrücker. Viele Kunden konnten in den letzten Tagen kein Geld am Bankautomatenabheben. Zu Recht ärgerten sie sich über stümperhafte Software auf den Kreditkarten. Offensichtlich ist das passiert, was viele bereits zur Jahrtausendwende befürchtet hatten: ein Software-Crash. Der Schaden geht in die Millionen. Software ist heute überall, im Kühlschrank, im Auto und beim Zahnarzt. Leider ist auch fehlerhafte Software überall. Programme werden unter Zeitdruck geschrieben, viele, teilweise mäßig ausgebildete Programmierer werkeln daran herum und kleben die einzelnen Teile zusammen. Ein guter Kleber ist elastisch und hält Veränderungen aus. Software ist kein guter Kleber. Der Quelle-Ausverkauf ist dafür ein gutes Beispiel: Im Alltag leistete die Software des Versandhandels ihre Dienste. Für den rasanten Ansturm war sie nicht gerüstet. Kleine Fehler der Handy-Software können lästig sein, mehr meist nicht. Wenn aber durch Softwarefehler der Zahlungsverkehr, ein Krankenhaus oder ein ganzer Konzern lahm gelegt werden, dann sind die Folgen immens, die Kosten astronomisch. Dies ist Leichtsinn, der uns teuer zu stehen kommt. Für unzählige Produkte gibt es ein Tüv-Siegel. Bei Computerprogrammen sind wir von Qualitätsstandards noch weit entfernt. Wer meint, mit einigen Testläufen sei die Qualität bereits gesichert, irrt sich. Es geht aber auch anders, und es gibt Bereiche des Alltags, wo man mit deutlich besseren Methoden arbeitet. Die Flugzeugindustrie ist hier mit Abstand am weitesten, gefolgt vom Schienenverkehr und der Autoindustrie. Dort, wo es um Sicherheit der Passagiere geht und ein kleiner Softwarefehler vielen Menschen das Leben kosten kann, gelten bereits strenge Anforderungen. Den denkbar höchsten Ansprüchen werden Prüfverfahren gerecht, die von den Informatik-Forschern in Saarbrücken entwickelt werden. Diese Methoden sind sehr aufwändig, weltweit sind sie einzigartig. Dabei geht es um komplexe Anwendungen wie zum Beispiel die Steuerung des Riesenflugzeugs A 380. Der Hersteller Airbus kann mit Hilfe der Saarbrücker Verfahren eine Garantie abgeben, dass die Flugsteuerung unter allen Umständen rechtzeitig und richtig reagiert. Auch die saarländische Firma Hydac hat davon profitiert. Informatiker der Saar-Uni konnten nachweisen, dass die Steuerung eines Hochdrucksystems in jedem Fall sicher funktioniert. Die Forscher in Saarbrücken unterstützen außerdem Programmierer dabei, die Ursachen für Softwarefehler zu finden. Dies geht so weit, dass Programme automatisch repariert werden. Ein anderes Forschungsprojekt beschäftigt sich mit mathematischen Methoden, die nachweisen, dass ein ganzes Computersystem null Fehler hat. Es ist wichtig - und letztendlich auch günstiger - in die Ausbildung der Programmierer zu investieren. An der Universität des Saarlandes erfahren Informatik-Studenten schon im ersten Semester, wie fehlerfreie Software-Systeme aufgebaut werden. Sie müssen von Anfang an - das ist deutschlandweit einzigartig - die Korrektheit ihrer Programme beweisen. Technische Innovationen, die heute ganz wesentlich mit der Entwicklung neuer Programme verbunden sind, haben einen Preis, den wir so oder so zahlen. Entweder indem wir bessere Verfahren einsetzen und Software-Ingenieure besser ausbilden. Oder dadurch, dass wir immer öfter die Zeitung aufschlagen und sagen: "Wieder mal einige Millionen Euro futsch." Holger Hermanns ist Informatik-Professor der Universität des Saarlandes

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