Gefallene Manager Warum Gewinnertypen scheitern können

München · Fast elf Jahre dauerte der Aufstieg, nur zwei Jahre der Fall. Rupert Stadler sitzt seit Juni in Untersuchungshaft, weil unter seiner Regentschaft bei Audi Dieselmotoren manipuliert wurden. Die Staatsanwaltschaft ließ ihn verhaften, weil sie davon ausgeht, dass Stadler Einfluss auf Zeugen oder Mitbeschuldigte nehmen wollte.

Zuletzt trennte sich die Konzernmutter VW von ihm. Ob Stadler den Vorwurf des Betrugs im Zusammenhang mit dem Abgasskandal bei Vernehmungen bestritten oder eingeräumt hat, ist nicht bekannt.

Dabei hat Stadler Audi erst stark vorangebracht. Er verdoppelte den Umsatz fast auf 60 Milliarden Euro, steigerte den Betriebsgewinn auf rund fünf Milliarden Euro und verwaltete zeitweise einen Teil des Privatvermögens der Familie Piëch. Dann kam der Absturz.

Stadler ist aber nicht der einzige Vorstandschef, der im Laufe seiner Karriere jäh scheiterte. Auch Heinrich von Pierer in der Schmiergeldaffäre bei Siemens oder Thomas Middelhoff, der wegen Veruntreuung von Firmengeldern bei Arcandor 2014 zu drei Jahren Haft verurteilt wurde, ging es ähnlich.

Peter Schwardmann ist Verhaltensökonom an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und erforscht, warum sich Top-Manager wegen zu hohem Selbstbewusstsein verkalkulieren. „Selbstüberschätzung ist eine positive Fehleinschätzung der eigenen Performance und Möglichkeiten“, sagt Schwardmann. Vor allem bei riskanten Zusammenschlüssen von Unternehmen verzocken die Verantwortlichen durch übermäßiges Selbstbewusstsein enorme Summen. Der US-Psychologe Daniel Kahneman erklärt gescheiterte Firmen-Übernahmen mit der „Hybris-Hypothese“: Demnach sind die Führungskräfte der Käufer-Unternehmen schlichtweg weniger kompetent, als sie zu sein glauben.

Selbstüberschätzung ist auch in der Medizin verbreitet. So berichtet Kahneman von einer Studie, in der nach dem Tod von Patienten auf der Intensivstation der Obduktionsbefund mit der Diagnose verglichen wurde: Die Ärzte, die sich mit ihrer Diagnose „vollkommen sicher“ waren, hatten sich in 40 Prozent der Fälle geirrt. Selbstüberschätzung kann gefährlich sein. Selbst wenn „Manager wüssten, wie wenig sie wissen, würden die Führungskräfte dafür bestraft, es zuzugeben“, so Kahneman. Ein Dilemma.

Auch Bewerber für Jobs scheiterten immer wieder an ihren eigenen Lügen, sagt Sabine Frank, Geschäftsführerin des Personaldienstleisters „puro personal“. Indes kann übermäßiges Selbstbewusstsein auch hilfreich sein. Denn damit wächst unter Umständen auch die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg. Peter Schwardmann hat das in einer Reihe von Laborexperimenten an der Münchner Universität bestätigt.

„Selbstbewusstsein hilft uns beim Überzeugen von anderen und, uns in unserer sozialen Welt Vorteile zu verschaffen“, sagt Schwardmann. In seinen Versuchen ließ er Probanden einen Intelligenztest machen, dann sollten die Teilnehmer einschätzen, wie gut sie ihn abgeschlossen hatten. Schwardmann beobachtete, dass siegessichere Menschen, die in einem gestellten Jobinterview später andere von sich überzeugen mussten, selbstbewusster auftraten – und die Stelle bekamen.

Menschen die davon profitierten, andere von sich zu überzeugen, neigen daher zum Selbstbetrug: Politiker, Rechtsanwälte, Manager – „Leute, die Anzüge tragen“, sagt Schwardmann.

Im Juli 2012 twitterte der Anzug-Träger und Castingshow-Moderator Donald Trump: „Show me someone without an ego, and I‘ll show you a loser“. Zeig mir jemanden ohne Selbstbewusstsein und ich zeige dir einen Verlierer. Trumps Selbstüberschätzung hat ihn vom Anzug-Träger zu einem der mächtigsten Menschen der Welt gemacht.

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