Wenig Geschlossenheit gegen vereinten Gegner

Magdeburg/Berlin. Das Hin und Her um ein neues NPD-Verbotsverfahren geht weiter. Die SPD beharrt darauf, dass die NPD verfassungsfeindlich ist, aktiv kämpferisch gegen die Verfassung vorgeht und ein entsprechender Nachweis mit offenen Quellen sehr wohl zu führen ist. Das Thema soll den Sozialdemokraten wohl auch aus der Defensive helfen

Magdeburg/Berlin. Das Hin und Her um ein neues NPD-Verbotsverfahren geht weiter. Die SPD beharrt darauf, dass die NPD verfassungsfeindlich ist, aktiv kämpferisch gegen die Verfassung vorgeht und ein entsprechender Nachweis mit offenen Quellen sehr wohl zu führen ist. Das Thema soll den Sozialdemokraten wohl auch aus der Defensive helfen. Die Union ist hingegen weiter skeptisch, dass ein ausreichender Nachweis über verfassungsfeindliche Bestrebungen bei der NPD erbracht werden kann. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) rät deshalb zu reiflicher Abwägung.Starkes Belastungsmaterial gegen die rechtsextreme Partei wollte das SPD-geführte Innenministerium von Sachsen-Anhalt gestern eigentlich vorlegen. Doch dann machte Ressortchef Holger Hövelmann noch einen Rückzieher. Innenminister Schäuble solle kein Vorwand gegeben werden, die verabredete Prüfung einzustellen. Schließlich umriss Hövelmann trotzdem, dass sogar im kleinen Sachsen-Anhalt mit 50 Seiten reichlich Material aus dem Internet und von Reden und Aufmärschen der Rechtsextremem zusammengekommen sei. Fünf SPD-geführte Landesinnenministerien wollen ihre Sammlung dieser Tage ungeachtet der Zurückhaltung der meisten ihrer Unions-Kollegen bei Schäuble abgeben. "Die NPD geht kämpfend gegen die Ordnung dieses Landes vor", sagt etwa SPD-Generalsekretär Hubertus Heil. Auch Verbindungen der NPD zu rechten Schlägern sind aus Sicht der Sozialdemokraten ausreichend belegbar. "Ich glaube nicht, dass es auf Dauer richtig ist, dass die Feinde der Demokratie durch die Demokraten am Leben erhalten werden", sagt Hövelmann mit Blick auf die staatliche Parteienfinanzierung, die ohne Verbot nicht gestoppt werden kann. Der zuletzt arg in Bedrängnis geratene SPD-Chef Kurt Beck hat die Devise ausgegeben: "Die SPD steht an dieser Stelle."Nach Ansicht Wolfgang Schäubles ist es unerlässlich, dass Nachweise der Verfassungswidrigkeit nach Artikel 21 des Grundgesetzes gerichtsfest sind. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2003 wegen der V-Leute in den Reihen der Rechtsextremen eine nur eingeschränkte Verwendbarkeit der Quellen moniert. In der Union hält man eine weitere Beobachtung der NPD durch die geheimen Ermittler aber für nötig. Werden die "hohen Hürden" für ein Verbot nicht überschritten, wäre ein neues Verfahren "politisch desaströs", sagt eine Ministeriumssprecherin. Ausnahmsweise ist Grünen-Chefin Claudia Roth mit Schäuble in ihrer skeptischen Haltung einig. Der SPD wirft die Grüne "populistische Forderungen" vor. Gerade in Sachsen-Anhalt wäre stattdessen eine stärkere Offensive gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus "bitter nötig". In einem grünen Parteibeschluss von gestern heißt es: "Rechtsextremismus kommt aus der Mitte der Gesellschaft und erfährt gerade dort eine Verankerung." Tatsächlich sorgen entsprechende Umfragen regelmäßig für Bestürzung. "Ein NPD-Verbot wäre in den Augen vieler Ostdeutscher die Fortsetzung repressiver Methoden der DDR und könnte nicht überzeugen", mahnen die Grünen in der vor allem von ihren ostdeutschen Parteimitgliedern angestoßenen Positionierung. Mitte April soll die geplante Materialsammlung aus den Innenministerien dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages vorgelegt werden. Es dürfte nur ein Zwischenschritt im Koalitionsringen über den richtigen Weg sein.

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