Analyse Was soll aus Grünen-Chef Habeck werden?

Berlin · „Ja, diese Prüfung würde ich für mich bestehen.“ Mit diesem Satz hinsichtlich einer möglichen Kanzlerschaft befeuerte Robert Habeck unlängst die Spekulationen über seine Ambitionen. Nun wabert ein neues Gerücht durch den Berliner Politbetrieb – träumt Habeck inzwischen nicht mehr vom Kanzleramt, sondern vom Finanzministerium?

  Hat sich Schnitzer geleistet: Grünen Chef Robert Habeck.

Hat sich Schnitzer geleistet: Grünen Chef Robert Habeck.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die politische Konkurrenz nimmt den Grünen-Chef bereits ins Visier.

Für die Partei läuft es nach wie vor gut in den Umfragen. Sie rangiert unverändert mit rund 20 Prozent auf Platz zwei hinter der Union und hat eine Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr fest im Blick. Für Habeck aber ist es in der Wählergunst zuletzt stetig bergab gegangen – vor einigen Monaten war er noch der angesehenste Politiker des Landes, ein Sunnyboy, nachdenklich, bürgerlich, zuversichtlich, nicht mehr so verkniffen. Der geborene Kanzlerkandidat. Mittlerweile belegt der 51-Jährige im „ARD-Deutschlandtrend“ nur noch den siebten Platz. Selbst Innenminister Horst Seehofer (CSU) hat ihn auf der Beliebtheitsskala überholt.

Die Corona-Pandemie und die Performance der schwarz-roten Regierungskoalition allein sind an dem Abstieg nicht schuld. Der Obergrüne leistete sich einige Schnitzer. So offenbarte er peinliche Wissenslücken bei der Pendlerpauschale und brachte die Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin mit der Überprüfung von Handwerkerrechnungen in Verbindung. Hinzu kamen einige Interview- und Videopatzer. Innerhalb der Grünen heißt es allerdings auch, bei dem smarten Vorsitzenden würden andere Maßstäbe angelegt. Jeder noch so kleine Fehltritt wiege deutlich schwerer. Habeck selbst schwant bereits nichts Gutes für den Bundestagswahlkampf: Die Konkurrenz werde auf die Grünen „mit ziemlicher Härte eindreschen oder uns vor scheinbare Widersprüche stellen“, prognostizierte er kürzlich.

Je näher der Wahltag rückt, desto drängender wird die K-Frage gestellt werden. Ob die Partei mit einem Kanzlerkandidaten ins Rennen gehen wird und wenn ja, mit wem, soll dem Vernehmen nach frühestens nach der Landtagswahl kommenden März in Baden-Württemberg beraten werden. Viele Grüne würden dann freilich Habecks Co-Vorsitzenden Annalena Baerbock den Vorzug geben, die in Sachthemen als sattelfester gilt. Außerdem werden alle anderen Parteien einen männlichen Kanzlerkandidaten aufbieten. Dazu passt nun, was in dieser Woche die Tageszeitung taz unter Berufung auf Bundespolitiker berichtete: In einer Koalition ab 2021 wollten die Grünen das Finanzministerium beanspruchen, um ihre Ideen auch umsetzen zu können. Bereits im Sommer hatten sie ein Investitionsprogramm in Höhe von 500 Milliarden Euro für die nächsten zehn Jahre gefordert. Habecks Name falle, so die taz weiter, wenn es um den Posten des Ressortchefs gehe. Der Ex-Umweltminister von Schleswig-Holstein zeichnete zuletzt verantwortlich für ein Konzept zur Lockerung der Schuldenbremse. Als Finanzfachmann gilt er deshalb trotzdem nicht.

Die politische Konkurrenz spottet bereits. So twitterte FDP-Generalsekretär Volker Wissing: „Ich dachte, Herr Habeck würde Bundeskanzler.“ Und SPD-General Lars Klingbeil stichelte: „Die einen regieren in der Krise das Land, die anderen teilen schon mal Posten für Ende 2021 auf.“ Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner reagierte prompt verschnupft: „Obskure Personalspekulationen abzuleiten, weil sich Robert Habeck intensiv um dieses wichtige Thema kümmert, sind Banane.“ Er hätte die Geschichte aber auch einfach nur im Sande verlaufen lassen können.

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