Was kommt nach dem IS?

Die große Schlacht um Mossul ist eine Bewährungsprobe im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS). Militärisch geht es darum, die Dschihadisten aus der letzten Großtstadt im Irak zu vertreiben und ihnen eine Niederlage beizubringen, die das Ende der extremistischen Miliz einläuten könnte. Noch wichtiger ist aber der politische Test, der in Mossul ansteht: Kann nach der Schreckensherrschaft der Terrormiliz in den befreiten Gebieten eine einigermaßen gerechte Ordnung errichtet werden? Viel Grund zur Zuversicht besteht nicht.

Schon vor dem Beginn der Schlacht gab es erhebliche Spannungen. Die schiitische irakische Zentralregierung fürchtet, dass sunnitische Kräfte wie die Türkei in der Region Mossul mitbestimmen wollen. Unterdessen blicken sunnitische Gruppen mit Sorge auf die Teilnahme der Volksmobilmachungs-Einheiten (PMU) und anderer pro-iranischer Schiiten-Milizen an der Schlacht. Der PMU wird vorgeworfen, nach der Vertreibung des IS aus Falludschah sunnitische Zivilisten gefoltert und getötet zu haben.

Der ungelöste Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten im Irak war vor zwei Jahren einer der Gründe für den damaligen Siegeszug des IS: Viele Sunniten fühlen sich von den schiitisch dominierten Behörden und Sicherheitskräften im Irak unterdrückt, was den IS-Extremisten regionalen Rückhalt sicherte. Wenn sich daran nichts ändert, wird auch eine Rückeroberung von Mossul keine Stabilität in der Region bringen.

Die konfessionellen Spannungen und die regionalen Machtkämpfe um Mossul sind Zeichen eines noch größeren Problems, das gelöst werden muss, wenn die militärischen Erfolge gegen den IS dauerhaft gesichert werden sollen. Niemand hat bisher ein überzeugendes Rezept dafür, wie das Vakuum gefüllt werden soll, das nach der Zurückdrängung der Dschihadisten entsteht.

Wie schon das Beispiel Falludschah zeigte, folgt auf die Vertreibung des IS häufig neue Gewalt. Auch die Erfahrungen in Syrien sind deprimierend. Lokale Autonomie-Regelungen wie bei den Kurden im Norden Syriens rufen das Misstrauen von Nachbarn wie der Türkei hervor. In anderen Gegenden machen sich Kriegsfürsten breit. Die Rückkehr der Regierung des syrischen Staatsschefs Baschar al-Assad in die vom IS befreiten Gebiete wird nur von Russland und dem Iran angestrebt.

Praktikable Möglichkeiten, die betroffenen Menschen nach dem Ende der IS-Herrschaft vor neuer Unterdrückung zu schützen und ihnen die Chance zu geben, ihre Vertreter selbst zu bestimmen, sind entscheidende Bestandteile des Kampfes gegen die Dschihadisten . Wenn es hier keine Lösung gibt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der IS oder eine ähnliche Organisation in Städte wie Mossul zurückkehrt.

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