Kurs gegen Europa Warum die EVP Orban nicht aufhalten sollte

Berlin/Budapest · Formal ist Viktor Orbans Fidesz-Partei noch Mitglied der EVP, dem christlich-konservativen Parteienbündnis, dessen Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) ist und dem auch Angela Merkel angehört. Orbans Mitgliedschaft ist derzeit von dem Bündnis nur suspendiert worden.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Allerdings gibt es bei der EVP den wachsenden Wunsch, der Ungar möge von sich aus austreten. Zuletzt hat sich auch die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer so geäußert.

Doch diesen Gefallen macht Orban seinen übertoleranten Kritikern wohlweislich nicht. Er zieht sie stattdessen wie einen Tanzbären am Nasenring durch die europäische Manege. Indem er sich mitten im Wahlkampf für das neue Europa-Parlament mit Rechtspopulisten wie Italiens Innenminister Matteo Salvini trifft, indem er die EU und ihre Institutionen in Ungarn verhöhnt, und, Höhepunkt, indem er nun verkündet, er werde Weber bei der Wahl zum EU-Kommissionspräsidenten sowieso nicht unterstützen. Das hat die EVP nun von ihrer Geduld mit dem Ungarn.

In Ungarn bekommt Orban viel Beifall für seine Darbietung, im Rest Europas schadet er der Seriosität der Christdemokratie. Besser spät als zu spät, kann man der Europäischen Volkspartei und ihrem Spitzenkandidaten nur zurufen.

 Auch wenn eine aktive Trennung im Nachhinein ein schlechtes Licht auf die CSU werfen würde, allen voran auf Horst Seehofer und Alexander Dobrindt, die Orban vor allem in der Flüchtlingskrise über Jahre hofiert und zum Beispiel zu ihrer Klausurtagung eingeladen haben, um Bundeskanzlerin Merkel zu schaden. Auch wenn Weber, der damals geschwiegen hat, von dieser Verschattung etwas abbekäme.

Aber die Dinge bis zum Wahltag in drei Wochen laufen zu lassen, schadet noch mehr. Denn so kann jeder mit Fug und Recht sagen, die EVP dulde in ihren Reihen einen europäischen Antidemokraten, einen christlichen Hassprediger, einen Anführer einer korrupten Clique, letztlich einen Zerstörer des vereinten Europas.

Neben diesem prinzipiellen Grund gibt es noch einen weiteren: Er ist taktischer Natur. Worum geht es denn in diesem spezifischen Wahlkampf? Es geht um die Mobilisierung der Pro-Europäer gegen die Nationalisten.

Es geht darum, dass die Menschen angesichts des wachsenden Populismus wieder kämpfen für die Errungenschaften von internationaler Kooperation und offenen Grenzen. Und um die Abwehr kultureller Engstirnigkeit. Es geht um Europas Werte, die von innen heraus angegriffen werden wie nie zuvor.

Es gäbe für die Christdemokraten kaum ein überzeugenderes Wahlkampfsignal in der Schlussphase, als die klare Trennung von solchen Strömungen, wie sie Orban vertritt. Das wird dann auch die europäischen Sozialdemokraten in Zugzwang setzen, die die Mitglied­schaft ihrer korrupten rumänischen Partnerpartei bisher ebenfalls nur suspendiert haben. Mag Orban sich neue Freunde suchen. Bei der AfD vielleicht, oder, wenn es auch noch einen antideutschen Einschlag haben soll, bei der polnischen PIS. Dahin geht sein Zug sowieso und ebenfalls der manch anderer osteuropäischer Politiker, die Europäer sein, aber europäische Werte nicht leben wollen. Reisende soll man nicht aufhalten.

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