Nach Schießereien US-Waffenlobby ist trotz Querelen sehr effektiv

Boise · Die Schießereien in Texas und Ohio haben in den USA erneut eine Debatte ausgelöst. Doch die National Rifle Association (NRA) braucht offenbar nur kurz im Weißen Haus anzurufen – und schon ist die Debatte beendet.

 NRA-Chef Wayne LaPierre gilt manchem gar nicht als eingefleischter Waffen-Fan.

NRA-Chef Wayne LaPierre gilt manchem gar nicht als eingefleischter Waffen-Fan.

Foto: AP/Pablo Martinez Monsivais

Der Mann, der wie kein anderer die kompromisslose Haltung der US-Waffenlobby verkörpert, ist Wayne LaPierre. Hinter den Kulissen rumort es inzwischen zwar. Mit einem baldigen Umbruch innerhalb des Verbands rechnen Experten aber trotzdem nicht.

Die Justiz nimmt die Finanzen der NRA unter die Lupe, mehrere hochrangige Funktionäre haben frustriert das Handtuch geworfen, hinzu kommt ein Rechtsstreit mit der langjährigen PR-Firma des Verbands. LaPierre selbst sorgt mit Luxus-Shopping-Touren für Schlagzeilen. Zugleich scheint er sich nicht mit seinem siebenstelligen Gehalt zufrieden geben zu wollen – Berichten zufolge soll er den Verband aufgefordert haben, ihm zusätzlich ein millionenschweres Anwesen zu kaufen.

Angesichts dieser Entwicklungen haben sich etliche Waffenliebhaber in den vergangenen Monaten gegen LaPierre gestellt. Die interne Kritik gilt allerdings nicht seinem harten Kurs. Im Gegenteil: Viele Mitglieder fragen sich, ob der zuletzt vor allem durch Skandale aufgefallene LaPierre auch weiterhin in der Lage sein wird, die Positionen der NRA gegen den öffentlichen Druck zu verteidigen.

Die öffentliche Reaktion der NRA auf die beiden jüngsten Attentate war die übliche: Nach einer abwartenden Phase des Schweigens erklärte ein Sprecher, man werde sich nicht „am politischen Ausschlachten dieser Tragödien beteiligen“ und bekenne sich weiterhin zur „sicheren und legalen Nutzung von Schusswaffen“ gemäß dem zweiten Zusatzartikel zur US-Verfassung.

Und ungeachtet seiner zuletzt schlechten Presse scheint LaPierre gerade erneut seine Effektivität als Lobbyist unter Beweis gestellt zu haben. Wie die „Washington Post“ berichtet, soll er US-Präsident Donald Trump nach dessen Andeutungen zu Background-Checks bei Waffenkäufen gewarnt haben, dass ein solches Gesetz bei vielen Stammwählern nicht auf Begeisterung stoßen würde.

LaPierres Image nach fast drei Jahrzehnten als „Gesicht der NRA“ ist das eines knallharten Anführers, der mit voller Überzeugung gegen jegliche Verschärfung des Waffenrechts kämpft. Mancher in seinem Umfeld zeichnet ein etwas anderes Bild. Intern gilt der 69-Jährige vielmehr als zurückgezogener Mensch, der nicht öfter als nötig zur Abstimmung mit seinen Mitarbeitern in die NRA-Zentrale kommt. Vielen gilt er nicht einmal als echter Waffennarr.

Seit 1991 ist LaPierre Geschäftsführer der NRA. Und mit den Jahren gelang es ihm, ein politisches Klima zu schaffen, in dem sich die Republikaner selbst dann, wenn Kinder bei Amokläufen getötet werden, nicht an Verschärfungen des Waffenrechts herantrauen. Mit Trump hat die US-Waffenlobby auch im Weißen Haus einen Verbündeten. Dessen Wahlkampf wurde von der NRA mit 30 Millionen Dollar (26,8 Millionen Euro) unterstützt. Trotzdem häuften sich zuletzt die Probleme.

Die Behörden in New York überprüfen die Gemeinnützigkeit der Organisation. Intern gibt es Vorwürfe der Vetternwirtschaft. Der bisherige Präsident Oliver North trat im Frühjahr während einer hitzigen Jahresversammlung zurück. Viele Mitglieder stehen aber trotz aller Skandale weiterhin fest hinter ihrem Geschäftsführer. Denn an der eigentlichen Arbeit von LaPierre gibt es aus Sicht der Waffenbefürworter wenig auszusetzen. „Wenn man gewinnt, lassen einem die Leute vieles durchgehen“, sagt der ehemalige NRA-Lobbyist Rick Manning. Und LaPierre „hat gewonnen“.

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