Wachsende Zweifel am "besten Freund"

Tel Aviv/Washington. Wenn US-Verteidigungsminister Leon Panetta nach Israel gekommen war, um die israelische Führung in der Atomkrise mit dem Iran zu beruhigen, dann wird er eine besorgniserregende Botschaft mit in den heimischen Wahlkampf zurückbringen

Tel Aviv/Washington. Wenn US-Verteidigungsminister Leon Panetta nach Israel gekommen war, um die israelische Führung in der Atomkrise mit dem Iran zu beruhigen, dann wird er eine besorgniserregende Botschaft mit in den heimischen Wahlkampf zurückbringen. Israel glaubt nicht an die amerikanische Strategie, dass scharfe wirtschaftliche Sanktionen verbunden mit einer glaubhaften militärischen Drohung Teheran zum Umdenken bewegen würden. Und Israel wird zunehmend ungehaltener. Vielleicht auch, weil der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney bei seinem Israel-Besuch gerade erst deutlich mehr Sympathie für die militärische Option gezeigt hatte.Die jetzt von Washington beschlossenen und auf eine Beschränkung des Ölhandels und Schiffsverkehrs abzielenden Strafen sind zwar gut gemeint, dennoch sollte man wohl eher von "Sanktiönchen" sprechen - zumal der Zeitpunkt der Ankündigung durch US-Präsident Barack Obama ganz klar innenpolitischem Kalkül entspricht. Romney hatte Israel praktisch uneingeschränkte Unterstützung bei der Konfrontation mit Teheran zugesagt, der Präsident will nun - auch mit Blick auf die jüdische Wählerlobby in den USA - nicht nachstehen. Die seit Monaten auf der Stelle tretenden Verhandlungsbemühungen der internationalen Gemeinschaft mit dem Iran werden aber - nimmt man die Erfahrungen der Vergangenheit als Maßstab - von diesem Kalkül Obamas kaum profitieren.

Aus israelischer Sicht macht sich seine Regierung damit sozusagen mitschuldig, wenn der Iran in den Besitz von Atomwaffen kommen sollte. Denn die langwierigen Sanktionen und diplomatischen Bemühungen verschafften dem Iran gerade die Zeit, die er für die Vollendung einer Atombombe noch benötige, warnte der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak.

Dabei hatte sich Panetta alle Mühe gegeben, den Israelis die Angst zu nehmen, das amerikanische Säbelrasseln sei vielleicht nur eine leere Drohung. "Es gibt weitere Möglichkeiten einschließlich der militärischen, sollten die diplomatischen Bemühungen nicht fruchten", sagte er bei der Besichtigung einer Raketenabwehrstation vom Typ "Eiserne Kuppel" in der Nähe von Aschkelon. Dort schlagen häufig die aus dem Gazastreifen abgefeuerten Raketen ein.

Der Iran müsse entweder akzeptable Begrenzungen seines Atomprogramms aushandeln oder sich darauf gefasst machen, dass die USA es militärisch daran hindern werden, die Bombe zu bekommen, betonte Panetta. Aber dann erwähnte er wieder die Bedeutung der Sanktionen, die Obama ja gerade erst wieder verschärft habe. Barak machte keinen Hehl daraus, was er davon hält: "Extrem niedrig" seien die Chancen, dass sich die iranischen Führer demnächst plötzlich an den Verhandlungstisch setzten und sagten: Sorry, wir geben unser Atomprogramm auf.

Israel aber will sich offensichtlich nicht viel länger an die Leine der USA legen lassen: Wir entscheiden allein, ob und wann wir angreifen, machte Barak seinem Gast Panetta klar. Noch deutlicher war Regierungschef Benjamin Netanjahu zuvor in einem Fernsehinterview geworden. Der Iran wolle Israel vernichten, das jedoch werde man nicht zulassen: "Dinge, die unser Schicksal, unsere Existenz betreffen, überlassen wir nicht anderen, nicht einmal unseren besten Freunden."

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