Heiko Maas Macht Minister Maas Masse statt Klasse?

BERLIN (dpa) Zunächst die gute Nachricht: In der bald zu Ende gehenden Legislaturperiode war Heiko Maas offenbar der fleißigste Minister der schwarz-roten Bundesregierung – wenn man nach der Zahl seiner Gesetzentwürfe geht. Mit 95 Vorlagen für das Kabinett ist das Justizministerium Spitzenreiter, heißt es laut Redaktionsnetzwerk Deutschland in einer Regierungsstatistik. Kritiker warnen jedoch schon länger: Bei Maas ist Masse nicht automatisch Klasse.

BERLIN (dpa) Zunächst die gute Nachricht: In der bald zu Ende gehenden Legislaturperiode war Heiko Maas offenbar der fleißigste Minister der schwarz-roten Bundesregierung – wenn man nach der Zahl seiner Gesetzentwürfe geht. Mit 95 Vorlagen für das Kabinett ist das Justizministerium Spitzenreiter, heißt es laut Redaktionsnetzwerk Deutschland in einer Regierungsstatistik. Kritiker warnen jedoch schon länger: Bei Maas ist Masse nicht automatisch Klasse.

Auf der Zielgeraden droht dem SPD-Mann nun die Puste auszugehen. Drei umstrittene Projekte will der selbstbewusste, eloquente und stets makellos gekleidete Saarländer noch in dieser Wahlperiode unter Dach und Fach bringen, notfalls wohl im Hauruck-Verfahren: Gesetze gegen Hass und Hetze im Internet, zum Urheberrecht in der Wissenschaft und gegen Wohnungseinbrüche. Die Zeit ist knapp angesichts von nur noch drei Sitzungswochen des Bundestags. Mit Ablauf der Legislaturperiode im September wären die Entwürfe nichtig, auf gut Deutsch: Altpapier.

Besonders brisant sind Maas’ Vorstellungen zu „Hate Speech“. Per „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ will er Soziale Netzwerke zwingen, hasserfüllte und hetzerische Beiträge schnell zu entfernen. Facebook und Co. bekommen Löschfristen aufgebrummt. Eindeutig strafbare Inhalte sollen binnen 24 Stunden getilgt werden, in komplizierteren Fällen bleiben sieben Tage. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 50 Millionen Euro. Nicht nur Facebook wehrt sich.

Auch Wirtschaftsverbände, Juristen, Netzaktivisten, Journalisten und Nichtregierungsorganisationen warnen Maas vor Gefahren für die Meinungsfreiheit und einer Privatisierung der Rechtsdurchsetzung. „Im Gesetzentwurf fehlt zum Beispiel eine Definition, was bei Posts im Netz ,offensichtlich rechtswidrig’ oder nur erlaubte Schmähkritik ist“, sagt die grüne Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Renate Künast. Vom Verband für Internetwirtschaft (eco) heißt es: „Gründlichkeit muss vor Schnelligkeit gehen.“ Das könnte nun auch für Maas‘ Gesetzentwurf gelten, obwohl der in Teilen nachjustiert wurde. Im Bundestag hat der 50-Jährige nicht nur die Opposition aus Linken und Grünen gegen sich, sondern zunehmend auch den Koalitionspartner. Ein CDU-Abgeordneter fragte jetzt laut „Focus“ beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages nach. Die Sachverständigen kamen in ihrem Gutachten demnach zu dem Ergebnis, dass Maas‘ Entwurf gegen Grundgesetz und Europarecht verstoße.

Zwar sagt eine Maas-Sprecherin pflichtgemäß: „Unsere Gesetze werden im Haus selbstverständlich auf Konformität mit Verfassung und Europarecht geprüft.“ Doch juristische Zweifel kommen längst von verschiedenen Seiten. Der Vize-Fraktionschef der Union im Bundestag, Arnold Vaatz: „Heiko Maas hat – zum wiederholten Male – handwerklich nicht sauber gearbeitet und ein unausgereiftes Gesetz vorgelegt.“

Eine breite Front hat sich auch gegen Maas‘ Reform des Urheberrechts für die Wissenschaft gebildet. Während die Hochschulen applaudieren, etwa weil künftig keine Einzelabrechnungen von Online-Lehrmaterial festgeschrieben werden, laufen Autoren und Verlage Sturm.

Am wenigsten Sorgen muss sich Maas um sein Gesetz gegen Wohnungseinbrüche machen. Der zuletzt noch verschärfte Entwurf wurde bei der ersten Lesung nur von der Opposition zerpflückt. Datenschützer sehen aber gleichfalls kritisch, dass Einbrüche in Privatwohnungen damit auf die Liste jener Delikte kommen, bei denen Ermittler die Vorratsdatenspeicherung nutzen dürfen. Bislang ist das nur bei Straftaten möglich. Auch das lässt für Renate Künast nur ein Urteil über den Verfassungsminister zu: „Der Rechtsstaat wird von ihm nicht verteidigt, sondern geschleift.“

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