Von Amis und Ösis

Was für eine aberwitzige Diskussion. Anstatt den Hunderten Polizisten zu danken, dass sie in der Silvesternacht für Sicherheit am Kölner Hauptbahnhof gesorgt haben, beklagen sich einige politische Bedenkenträger nun über den Begriff "Nafri" in einem Tweet der Beamten. Im polizeilichen Sprachgebrauch steht er für "nordafrikanischer Intensivtäter". Vielleicht war die Verwendung nicht geschickt. Aber mehr auch nicht.

Die an den Haaren herbeigezogene Empörung über diese Nebensächlichkeit vernebelt nur den Blick auf das Wesentliche. Denn die meisten Beamten haben ebenfalls Familien, sie hätten an Silvester sicherlich etwas Besseres vorgehabt, als die ganze Nacht am Bahnhof Dienst zu schieben. Dass ihr Einsatz leider dringend notwendig war, zeigt der Umstand, dass sich wie im vorigen Jahr Hunderte Männer offenkundig nordafrikanischer Herkunft verabredet hatten und nach Polizei-Angaben sehr aggressiv auftraten. Wer da immer noch so tut, als sei die Verwendung des richtigen Wortes in einer 140-Zeichen-Mitteilung bei Twitter wichtiger als die Verhinderung schlimmer Straftaten, der hat die Dimension dessen, was seinerzeit in Köln und anderswo passierte, nicht begriffen. Oder will es aus falsch verstandener Gutherzigkeit partout nicht kapieren.

Übrigens gibt es Abkürzungen für so manche andere Nationalität oder Herkunft, über die sich niemand aufregt und bei deren Verwendung auch nicht gleich die Rassismus-Keule rausgeholt wird: "Ami" für Amerikaner, "Ösi" für Österreicher, Wessi, Ossi - die Liste ließe sich verlängern. In dieser speziellen Situation, vor dem Hintergrund der Ereignisse des vergangenen Jahres, als überwiegend nordafrikanische Männer Frauen massiv sexuell bedrängten, war es außerdem richtig, nach Inaugenscheinnahme der Personen rasch und konsequent zu handeln. Das hat die Polizei zum Glück getan. Man möge sich einmal vorstellen, sie hätte erst abgewartet, bis tatsächlich neue Straftaten begangen worden wären - und die Gefahr bestand ja offenbar. Dann hätte die Republik mit Recht vor Wut getobt.

Mit diesen Kontrollen wurde jedenfalls nicht dem "racial profiling", also der Überprüfung von Personen nach ethnischen Kriterien, die Tür geöffnet. Solche diskriminierenden Vorgehensweisen sind rechtswidrig. Und das müssen sie bleiben. Aber die meisten Beamten haben in ihrem polizeilichen Alltag ein sicheres Gespür dafür, von wem wann welche Bedrohung ausgehen könnte. Etwas mehr Vertrauen in die Polizei ist da durchaus angebracht. Dass es bei öffentlichen Veranstaltungen und Feiern immer häufiger eines großen Aufgebots von Sicherheitskräften bedarf - das sollte die Politik deutlich mehr aufschrecken als eine verkürzte Wendung in einem Tweet.

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