Vom Kicker zur Lichtgestalt

Wie wären Leben und Karriere von Franz Anton Beckenbauer wohl verlaufen, hätte er sich als 13-Jähriger nicht über einen Spieler des TSV 1860 München so sehr geärgert? Eigentlich will der junge Beckenbauer nämlich vom SC 1906 München zu den 60ern wechseln.

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Foto: Robby Lorenz

Aber stinksauer geht er stattdessen zum FC Bayern München . Und damit beginnt die größte Erfolgsgeschichte im deutschen Fußball. Daran wird er sich heute an seinem 70. vielleicht erinnern, auch wenn es nach dem Tod seines Sohnes Stephan Ende Juli der traurigste Geburtstag seines Lebens sein wird.

Der sympathische Münchner glänzt nicht nur mit seinen grandiosen Fähigkeiten am Ball, er hat auch abseits des Fußballplatzes ein glückliches Händchen, weil er intuitiv vieles richtig und wenig falsch macht, kein Risiko scheut. Nur so entstehen große Vorbilder. Die Eleganz, die Leichtigkeit, die Effektivität, die Präzision, mit der der Libero Fußball spielte, nein zelebrierte, lässt noch heute staunen. Als einer der Ersten erkennt Beckenbauer auch, dass sich sportliche Prominenz in der Werbung ("Kraft in den Teller - Knorr auf den Tisch!") vermarkten lässt.

Beckenbauer ist immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort - als Spieler, als Trainer, als Vereinsvorsitzender, als Funktionär. Ihm ist es möglich, Menschen um sich zu scharen, die den Erfolg sichern. So rackert "Katsche" Schwarzenbeck für den "Kaiser" auf dem Platz, später die Co-Trainer Köppel und Osieck von der Bank aus und schließlich kompetente Helfer beim FC Bayern und den Fußballverbänden. Eigentlich verkörpert Beckenbauer damit so gar nicht die urdeutschen Ideale und Tugenden, da ihm alles zuzufliegen scheint. Aber er kann es sich leisten, weil ihm so unendlich viel Talent in die Wiege gelegt wurde und er daraus etwas macht. Kein Wunder also, dass er zur "Lichtgestalt" aufsteigt - unerreicht und unerreichbar. Mit der Ausrichtung der Fußball-WM 2006 in Deutschland zementiert er dieses Bild. Die Welt blickt fortan anders auf die Deutschen, die friedlich, freundlich und weltoffen das Sommer-Märchen feiern. Und als ob das noch nicht reichen würde, scheint während des Turniers ununterbrochen die Sonne. Jo mei, da ist halt ein echtes Glückskind am Werk.

Beckenbauer weiß immer, was er will, und so geht er auch privat seinen Weg - bis zur dritten Ehe. Doch seine Erfolge, sein einnehmendes Wesen und auch sein soziales Engagement machen ihn unangreifbar, so dass ihm Ausrutscher wie seine Bemerkung zu den Arbeitsbedingungen auf den Baustellen in Katar verziehen werden. Bei ihm sucht man erst gar keine Schattenseiten. Diesem Alle-Gipfel-Stürmer des Fußballs zu folgen, dürfte wohl niemandem mehr gelingen.

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