Völlig verrückte Umfragewerte

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wie unter Drogeneinfluss bewegen sich die Umfragewerte von CDU und SPD kurz vor den beiden wichtigen Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Höhenflüge und Abstürze wechseln sich ab. Die Unterschiede zwischen einzelnen Umfragen und unterschiedlichen Instituten sind gewaltig. Plötzlich liegt in Schleswig-Holstein die lange Zeit abgeschlagene CDU vorn. In Nordrhein-Westfalen, wo sie bis zu 14 Prozentpunkte hinten lag, gab es bei einem Institut in dieser Woche dann Gleichstand. Bei einem Wettbewerber war zwei Tage später die SPD wieder mit neun Prozentpunkten vorn. Völlig verrückt - so hoch sind die Ausschläge nicht mal in chaotischen Wochen an der Börse. Stehen da einige Meinungsforscher unter dem Einfluss wahrnehmungsverändernder Substanzen? Oder spielen die Wähler verrückt und ändern nahezu täglich ihre Meinung?

Zweifellos ist das Geschäft der Demoskopen schwieriger geworden. Bereits seit Längerem steigt die Zahl der Verweigerer bei Marktforschungs- oder Wahlumfragen. Viele sind einfach nur genervt und wollen Vorlieben, Meinungen oder Parteipräferenzen nicht preisgeben. Auch die Zahl der Stammwähler nimmt seit Jahren dramatisch ab. Die Bindungsstärke aller Parteien ist schwächer geworden. Immer mehr Wähler - wie zuletzt im Saarland - entscheiden erst in letzter Minute, ob sie wählen gehen und wem sie gegebenenfalls ihre Stimme geben. Das einst gut kalkulierbare Wahlverhalten bestimmter Milieus wird zunehmend durch eine Art lockeren Schuss aus der Hüfte ersetzt. Spontane Entscheidungen am Wahltag sind aber auch wenige Tage zuvor kaum absehbar. Solange sich die Gesamtsituation nicht ändert, bleiben Sonntagsfragen vage Stimmungstests, deren Ergebnis eintreten kann - aber auch dessen Gegenteil. Wähler entscheiden erst mit der Stimmabgabe - und das ist auch gut so. In diesem Sinne ein schönes Wochenende

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