Verfassungsschutz-Reform droht zu scheitern

Berlin. Hans-Georg Maaßen befindet sich derzeit in der Defensive. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz sieht sich Forderungen nach einer Totalabschaffung der Schlapphüte gegenüber. Doch diese Pläne haben im Bundestag kaum Rückhalt. Nicht einmal bei den Grünen. Sie verlangen einen "Neustart" mit neuen Leuten, wie ihre Fraktionschefin Renate Künast sagte

Berlin. Hans-Georg Maaßen befindet sich derzeit in der Defensive. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz sieht sich Forderungen nach einer Totalabschaffung der Schlapphüte gegenüber. Doch diese Pläne haben im Bundestag kaum Rückhalt. Nicht einmal bei den Grünen. Sie verlangen einen "Neustart" mit neuen Leuten, wie ihre Fraktionschefin Renate Künast sagte. Statt schmuddelige V-Männer in schmuddeligen Extremisten-Milieus zu führen, geht es künftig eher um intellektuell-politische Analysen durch ein "Amt für Inlandsaufklärung". Das soll mit einem "Institut für Demokratieförderung" kooperieren, welches Initiativen gegen Rechts unterstützt.Doch selbst wenn Rot-Grün regierte, käme so etwas wohl nicht, denn die SPD will die Behörde nicht völlig umkrempeln. Sie will das Kölner Amt modernisieren, Abteilungen nach Berlin verlegen und die Koordinierung zwischen Bundes- und Landesämtern verbessern. Viele ihrer Forderungen decken sich mit denen, die Maaßen vor den Grünen als seine Ziele formulierte und die auch sein Vorgesetzter, Innenminister Peter Friedrich (CSU) verfolgt. Beide wollen dem Amt eine "Zentralstellenfunktion" geben, also die 16 Landesämter teilweise entmachten. Und sie wollen einen vollständigen Informationsaustausch sicherstellen. Die SPD schlägt sogar eine gesetzliche Verpflichtung zur Quellenkoordinierung vor. Bisher dürfen die Länder alle Informationen für sich behalten, wenn sie das wollen. Das gilt als ein Hauptgrund für das Versagen beim NSU.

Maaßen verpackte seinen Reformvorschlag in das Angebot, aufwendige Ermittlungen und Techniken zentral von Köln aus zu machen. Außerdem solle das Bundesamt Vorgaben für die Ausbildung des Personals und für die Führung von V-Leuten entwickeln. Auch ein bundesweites V-Leute-Register schlug er vor.

Der Flickenteppich bleibt in jedem Fall. Der Vorschlag von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), kleine, uneffektive Landesämter zusammenzulegen, wurde von den Ministerpräsidenten sofort abgeblockt; Friedrich verfolgte das erst gar nicht. In Mecklenburg-Vorpommern etwa, derzeit Vorsitzland der Innenministerkonferenz, werkeln 85 Leute an der Beobachtung von Linken, Rechten, Salafisten, Scientologen und vielen anderen Extremistengruppen herum. Weil operativ noch weniger Personal im Einsatz ist, wird viel übersehen

Bald geht die Verfassungsschutzreform auf die Zielgerade. Heute treffen sich die CDU-Innenminister in Celle, am nächsten Montag die Staatssekretäre aller Innenministerien in Warnemünde, wo am 5. Dezember dann die Ressortchefs aus Bund und Ländern zusammenkommen. Doch die Gefahr besteht, dass die Reform mit jeder Beratung immer kleiner wird. So scheiterte Friedrich beim letzten Treffen schon mit seinem Vorhaben, dem Bundesamt in wichtigen Fällen das Recht zu Erhebung eigener Daten auch auf Ländergebiet zu geben. Und für seine Idee, das Bundesamt auf die Beobachtung "gewaltgeneigter Bestrebungen" zu konzentrieren, während die Länder den Blick auf den restlichen, weniger gefährlichen Extremismus legen sollten, gab es sogar in den eigenen Reihen Kritik. Beim Verfassungsschutz wirkt es ein wenig so, als ob derzeit alle von Reform reden und am Ende doch wollen, dass es so bleibt, wie es immer war.

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