Demokratischer Bewerber Buttigieg Der Anti-Trump aus dem Mittleren Westen

Washington · Es wäre besser gewesen, die Demokraten hätten den Mittleren Westen wiederentdeckt, ohne dass es dazu des Sieges Donald Trumps bedurft hätte, schreibt Pete Buttigieg in einem Buch, das seine Bewerbung fürs Oval Office begleitet.

 Pete Buttigieg, Bürgermeister in Indiana, will für die Demokraten gegen Trump antreten.

Pete Buttigieg, Bürgermeister in Indiana, will für die Demokraten gegen Trump antreten.

Foto: dpa/Darron Cummings

„Aber besser spät als nie.“

Buttigieg, 37 Jahre alt, ist Bürgermeister im Mittleren Westen. South Bend/Indiana, wo er amtiert, kann symbolisch für den Niedergang des Rostgürtels der alten Industrie stehen, der Trumps „Make America Great Again“ auf Resonanz stoßen ließ. In South Bend liefen einmal Autos vom Band. Das Studebaker-Werk gehörte einmal zu den größten Fabriken des Landes. 1963 begann die Talfahrt, früher als anderswo. Nach der Finanzkrise war der Tiefpunkt erreicht, was unter anderem dazu führte, dass die Bürger 2011 einem Nobody den Zuschlag gaben: Buttigieg, damals 29, versprach die Verwaltung zu modernisieren und Hunderte von Häusern abreißen zu lassen, die Schandflecke waren. Noch heute lebt ein Viertel der 102 000 Bewohner unter der Armutsgrenze. Doch es gibt auch positive Signale, etwa wächst die Bevölkerung wieder. Buttigieg hat sich den Ruf erworben, ein ebenso pragmatischer wie effizienter Kommunalpolitiker zu sein. Der Architekt einer Wende im Mittleren Westen – so verkauft er sich selber.

Jedenfalls ist er, neben dem Texaner Beto O’Rourke, der neue Hoffnungsträger der Demokraten, seit Sonntag auch offiziell Bewerber fürs Weiße Haus. Er ist der Praktiker aus dem Rust Belt, der besser als andere versteht, warum Stammwähler der Demokraten 2016 zu Trump überliefen. In den Umfragen liegt er unter mehr als zwanzig Kandidaten an dritter Stelle. Was zwar einerseits Schall und Rauch ist, da die parteiinternen Vorwahlen erst im Januar beginnen, aber andererseits auch ein Achtungszeichen: Noch vor Kurzem hatten die Meinungsforscher den Außenseiter aus Indiana überhaupt nicht auf dem Schirm. Mayor Pete, wie sie ihn nennen, trifft einen Nerv.

Buttigieg – der Name geht auf Joseph Buttigieg zurück, einen Migranten aus Malta. Dessen blitzgescheiter Sohn studierte in Harvard, dann in Oxford. Pete Buttigieg wurde Unternehmensberater bei McKinsey, ehe er in die Politik wechselte. 2014 beorderte ihn die Kriegsmarine, zu deren Reserve er gehörte, für sechs Monate nach Afghanistan. Zurückgekehrt nach South Bend, schrieb er einen Artikel für die Lokalzeitung, in der er sich zu seiner Homosexualität bekannte. Kurz darauf wurde er mit 80 Prozent der Stimmen wiedergewählt. „Es hat gezeigt, dass mich die Leute allein nach meiner Arbeit beurteilen“, schreibt er in seinen Erinnerungen.

Noch etwas lässt seine Fans hoffen: Amerikaner wählen gern Kandidaten ins Oval Office, die sich von ihren Vorgängern gründlich unterscheiden, schon weil der Kontrast für den Wandel steht, was fast immer andere Argumente schlägt. Auf den politisch vorsichtigen, rhetorisch brillanten Barack Obama folgte mit Donald Trump der komplette Gegenentwurf, und ein Pete Buttigieg wäre das genaue Gegenteil des jetzigen Präsidenten. Seine Stärke ist die kühle Analyse, laut wird er praktisch nie, nicht einmal vor jubelnden Anhängern. Im Übrigen spricht er sieben Fremdsprachen: Arabisch, Farsi, Französisch, Italienisch, Maltesisch, Norwegisch und Spanisch. Norwegisch lernte er, um die Werke des Schriftstellers Erlend Loe im Original lesen zu können. Was sich unter Trump abspiele, sagte Buttigieg, als er seinen Hut in den Ring warf, lasse ihn an eine groteske Fernsehserie denken. Wenn etwas grotesk sei, falle es schwer, nicht hinzuschauen. „Und die Horrorshow in Washington ist faszinierend, sie ist überwältigend. Aber von heute an wechseln wir den Kanal.“

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