Unermüdlicher Kampf um Unabhängigkeit

Barcelona/Madrid · Der heutige 11. September ist für die stolzen Katalanen ein besonderes Datum. Seit 1714, als Barcelona sich im Spanischen Erbfolgekrieg den Truppen des Bourbonenkönigs Philipp V. geschlagen geben musste, gedenken sie an diesem Tag ihrer verloren Unabhängigkeit.

Heute, mehr als drei Jahrhunderte nach der Niederlage, sind die 7,5 Millionen Einwohner Kataloniens immer noch auf Revanche aus. Nun sieht es so aus, als könnte es ihnen bald gelingen, sich vom ungeliebten spanischen Zentralstaat loszusagen.

Der inoffizielle Nationalfeiertag der Katalanen, die "Diada", bei der alljährlich Hunderttausende mit der Separatistenflagge "Estelada" für ihre Unabhängigkeit demonstrieren, ist in diesem Jahr medienwirksames Vorspiel für den 27. September. Dann finden die vorgezogenen Wahlen zum Regionalparlament Kataloniens statt - ein Urnengang, der sich von den bisherigen grundlegend unterscheidet. Der katalanische Regierungschef Artur Mas hat ein parteiübergreifendes Bündnis namens "Junts pel Si" (Gemeinsam für das Ja) geschmiedet, das sich im Falle eines Wahlsiegs binnen weniger Monate von Spanien abspalten will.

Neuesten Umfragen zufolge könnten die Separatisten , für die auch der populäre FC-Bayern-Trainer Pep Guardiola kandidiert, tatsächlich eine absolute Mehrheit erringen. Für die spanische Zentralregierung käme das einer Katastrophe gleich. Denn beim angestrebten "Catalexit" geht es nicht zuletzt um Geld. Katalonien ist die wirtschaftsstärkste Region Spaniens und finanziert über eine Art Länderfinanzausgleich einen Großteil des zentralstaatlichen Budgets. Ob Automobilindustrie, Verlagswesen, Banken oder mittelständische Unternehmen - der Motor der spanischen Wirtschaft befindet sich seit jeher in Barcelona. Und Madrid ist nicht willens, darauf zu verzichten. Ministerpräsident Mariano Rajoy hat bereits angekündigt, dass er eine Unabhängigkeit Kataloniens unter keinen Umständen zulassen werde.

Mittendrin im Konflikt steckt auch die katholische Kirche. Die spanische Bischofskonferenz bekannte sich zwar jüngst in einer Erklärung zum "Selbstbestimmungsrecht der Völker", will dies aber nicht als kirchlichen Freibrief für eine Abspaltung verstanden wissen. Ein schwieriger Spagat, der zeigt, dass die Bischöfe in der Katalonien-Frage ebenfalls uneins sind. Während der Erzbischof von Valencia, Kardinal Antonio Canizares Llovera, dafür eintritt, "die Einheit Spaniens wiederherzustellen und zu stärken", begleiten die katalanischen Bischöfe die Unabhängigkeitsbestrebungen durchaus mit Sympathie. Eine Wahlempfehlung wollten sie nicht abgeben, teilten sie vor einigen Tagen im Hinblick auf den 27. September mit, doch die konkurrierenden politischen Programme seien aus ihrer Sicht alle "moralisch legitim".

Damit stellten sich die katalanischen Kirchenführer zumindest indirekt hinter die Separatisten . Verwunderlich ist das nicht, denn zu diesen gehören auch fast alle katholischen Intellektuellen der ostspanischen Region. In einem offenen Brief "an alle Christen Spaniens" warben 30 von ihnen um "Mitgefühl und Verständnis" für die nationale Bewegung in ihrer Heimat. Voller Pathos beriefen sie sich auf eine Äußerung von Papst Johannes Paul II. , der einst gesagt hatte: "Niemand kann auf legitime Weise behaupten, dass eine Nation nicht würdig ist zu existieren."

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