Bluttat von Parkland Wieder ein Massaker, das die US-Politik zugelassen hat

Die Rituale sind eingeübt, denn es sind immer die gleichen. Irgendwer zieht mit der Waffe los, um wahllos zu töten, mal in einer Schule, mal in einem Nachtclub, mal in einem Kino. Die Politik gibt sich schockiert, es folgen Gebete und Worte des Mitgefühls. Und dann geschieht – nichts.

ÜS
Foto: SZ/Robby Lorenz

Der Präsident versichert – so wie es Donald Trump auch jetzt nach dem Blutbad von Parkland tat –, er sei in Gedanken bei den Familien der Opfer. Die meisten Demokraten fordern schärfere Waffengesetze, während die meisten Republikaner erklären, die Stunde der Tragödie sei der falsche Zeitpunkt, um über Paragrafen zu reden. Schon bald wiederholt die Waffenlobby, nicht Gewehre oder Revolver seien das Problem, sondern allein die Menschen, die sie benutzen. Für ein paar Tage wogt es hin und her, dann verläuft die Debatte im Sande. Bis sich die Prozedur nach dem nächsten Amoklauf wiederholt. Es ist wie in einer Endlosschleife.

Die Lobbyisten der Waffenindustrie sind zu gut vernetzt im Kongress, als dass sich die Befürworter strengerer Regeln durchsetzen könnten. Auch Barack Obama musste dies schmerzlich erfahren, als er zu handeln versuchte, als der Mord an zwanzig Erstklässlern der Sandy-Hook-Grundschule die Nation derart aufwühlte, dass es kurz so aussah, als ließe sich die politische Blockade aufbrechen. Sein Nachfolger, von der Waffenlobby zur Wahl empfohlen, wird nicht einmal den Versuch wagen. Selbst im vergangenen Oktober, nach den Todesschüssen auf Festivalbesucher in Las Vegas, ist Trump dem Thema Waffengesetzgebung ausgewichen. Er will es sich nicht verscherzen mit seiner konservativen Hausmacht.

Dabei liegt auf der Hand, wo der Hebel anzusetzen wäre. Der zweite Verfassungszusatz, der das Recht auf privaten Waffenbesitz in der Bürgerrepublik garantiert, stammt aus dem Jahr 1791, als es um Musketen ging, die man mühsam nachladen musste. An halbautomatische Schnellfeuergewehre hat damals noch keiner gedacht. Umso unsinniger ist es, sich heute auf jenes Gesetz zu berufen, auch wenn manche so tun, als sei es für alle Ewigkeit in Stein gemeißelt.

Dass Amerikaner gewalttätiger wären als die Bewohner anderer Länder, die These haben – neben anderen – Wissenschaftler der Universität Harvard ins Reich der Legenden verwiesen. Gewiss, ein Gewaltverbrechen in Chicago, Dallas oder New Orleans endet häufiger tödlich als in London, Madrid oder Paris. Nur liegt das nicht an einer Art Nationalcharakter, sondern an der Leichtigkeit, mit der man in den USA an ein Schießeisen kommt. Amerikaner stellen 4,4 Prozent der Weltbevölkerung, besitzen jedoch 42 Prozent aller Schusswaffen der Welt. Übrigens, haben gründliche Statistiker nachgewiesen, gehen nur vier Prozent aller Fälle, bei denen Menschen in den USA durch Kugeln ums Leben kommen, auf geistig gestörte Täter zurück. Es ist also nicht viel mehr als ein Ablenkungsmanöver, das Argument, dass in erster Linie Psychologen gefragt seien, um die amerikanische Schusswaffenepidemie in den Griff zu kriegen.

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