Hope Hicks kündigt Rücktritt an Trump-Vertraute war womöglich zu aufrichtig

WASHINGTON Im Orbit Donald Trumps gibt es zwei Kategorien von Beratern. Die einen gehören zur Familie und laufen damit keine Gefahr, bei einer Personalrochade im Weißen Haus unter die Räder zu kommen. Die anderen haben eine solche Rückversicherung nicht, weshalb sie im Grunde permanent auf dem Schleuderstuhl sitzen. Hope Hicks, die scheidende Kommunikationsdirektorin, gehörte so gut wie zur Familie, obwohl sie mit dem US-Präsidenten nicht verwandt ist. Umso lauter dröhnte der Paukenschlag, als sie in der Nacht zu gestern ihren Rücktritt ankündigte.

Die junge Frau aus Connecticut, ein ehemaliges Model, erledigte schon die Pressearbeit des Kandidaten Trump, als keiner dem Baulöwen eine echte Chance zubilligen wollte. Zuvor hatte sie für die Modemarke Ivanka Trumps, der Tochter des Unternehmers, gearbeitet. Im New Yorker Trump Tower war man offenbar sehr zufrieden mit ihr. Obwohl sie über keinerlei politische Erfahrung verfügte, bot ihr Donald Trump eine Stelle in seinem Wahlkampfteam an. Die blutjunge Seiteneinsteigerin Hicks, auch sie war das Symbol einer Kampagne, die sich als Rebellion gegen den traditionellen Politikbetrieb verstand.

Im September stieg sie zur Kommunikationschefin der Regierungszentrale auf, binnen acht Monaten bereits die Nummer vier auf diesem Posten. Das Amt gilt als eines der schwierigsten überhaupt im Weißen Haus. Theoretisch haben Kommunikationsdirektoren dafür zu sorgen, dass von dort eine einheitliche Botschaft kommt. Praktisch ist das nahezu unmöglich, wenn der Präsident seine Publicity-Abteilung durch spontan dahingeschriebene Twitter-Zeilen täglich aufs Neue verwirrt, wenn sich rivalisierende Fraktionen in Machtkämpfen aufreiben und Interna an die Medien durchstechen, um sich selbst ins rechte Licht zu rücken. Das eigentlich Überraschende an der Causa Hicks ist die Tatsache, dass sie es so lange in der Schlangengrube aushielt.

Dennoch wird nun heftig spekuliert über die Gründe, die zu ihrem Abgang führten. Es kursiert eine offizielle Version, nach der die 29-Jährige schon seit geraumer Zeit Ausschau nach beruflichen Alternativen in der Privatwirtschaft hielt. Nur glaubt das praktisch keiner. Näher liegt, dass sie gehen muss, weil sie bei einer brisanten Anhörung im Kongress die Wahrheit sagte.

Ja, ihr Job habe sie gelegentlich zu Notlügen gezwungen, räumte sie während eines achtstündigen Sitzungsmarathons im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses ein. Es war ein Moment seltener Aufrichtigkeit, dessen Folgen David Remnick, Chefredakteur der Zeitschrift „New Yorker“, so kommentiert: „Im moralischen Universum Trumps konnte nicht das Lügen die Sünde sein, sondern allein das Eingeständnis der Lüge“. Hicks, dies scheint der Hintergrund für den Satz mit den Notlügen zu sein, lieferte die Textvorlage, als der Präsident eine heikle Begegnung zu einer Belanglosigkeit herunterzuspielen versuchte.

Im Juni 2016 empfing Trumps ältester Sohn, Donald jr., die russische Anwältin Natalja Weselnizkaja, nachdem die ihm über Mittelsmänner belastende Informationen über Hillary Clinton in Aussicht gestellt hatte. Hicks musste mitfeilen an einer Erklärung, die daraus im Nachhinein ein Gespräch über die Adoption russischer Kinder machte. Ein Beispiel für eine Notlüge? Auch Robert Mueller, der Sonderermittler der Russlandaffäre, geht der Sache auf den Grund.

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