Analyse Der stille Untergang der rechtsextremen NPD
BERLIN (dpa) Verfassungsfeindlich, aber nicht verbotswürdig: So beurteilte das Bundesverfassungsgericht die NPD vor einem Jahr. Heute existiert die rechtsextreme Partei zwar noch, ihr politischer Einfluss ist aber in der Schraubzwinge zwischen noch radikaleren Splitterparteien und der moderateren AfD weiter geschrumpft. Von 1,3 Prozent 2013 stürzte die NPD auf gerade einmal 0,4 Prozent bei der Bundestagswahl im September.
„Der beinharte Neonazi wählt inzwischen eher (eine der Kleinstparteien) „Die Rechte“ oder den „III. Weg“. Der Rechtspopulist wählt eher die AfD“, sagt Simone Rafael von der Amadeu Antonio Stiftung, die sich gegen Rechtsextremismus engagiert. „Für die NPD bleibt nicht mehr viel übrig.“ Der Extremismus-Forscher Fabian Virchow von der Hochschule Düsseldorf formuliert es so: „Die AfD ist im Moment der „Staubsauger“, weil sie das erfolgreiche Projekt ist, weil sie Jobs bieten kann und so weiter.“
Bei der NPD selbst klingt das ganz ähnlich. „Die AfD hat alles aufgesogen, was möglich war, weil es momentan eben angesagt ist, bei dem vor allem auch von den Medien inszenierten ‚Hype’ dabei zu sein“, klagte der Vorsitzende Frank Franz aus Völklingen unmittelbar nach der Bundestagswahl in einem Schreiben an „Kameraden“. „Wir müssen die selbsternannte Alternative vor uns hertreiben!“ Früher oder später würden die Wettbewerber Fehler machen.
Ihre Einflussmöglichkeiten nutzen NPDler längst auch jenseits der Wahlkabine. So hat der Thüringer NPD-Chef Thorsten Heise für das Wochenende um Adolf Hitlers Geburtstag am 20. April in den sächsischen Ort Ostritz nahe der polnischen Grenze geladen. Unter dem Motto „Reconquista Europa – Gegenkultur schaffen“ sollen hunderte Neonazis sich zu Auftritten ranghoher NPD-Kader, einschlägiger Rockbands und zu Kampfsportdarbietungen versammeln.
Die AfD müht sich derweil um Abgrenzung nach rechts. Ehemalige NPD-Mitglieder dürfen keine Aufnahme finden. Das Erstarken des Populisten im rechten Spektrum hat die Extremisten insgesamt jedoch nicht geschwächt. Der Verfassungsschutz geht in seinem Bericht für 2016 von einem wachsenden Rechtsextremismus-Potenzial aus, davon etwa die Hälfte (12 100 Personen) gewaltorientiert. 450 Mitglieder hat die NPD nach eigenen Angaben noch und 350 Mandate auf kommunaler Ebene (auch im Saarland). In Landtagen ist sie nicht mehr vertreten, dafür im EU-Parlament. Eine Auflösung der Partei sehen Experten nicht kommen. Der harte Kern bestehe nach wie vor.
Auch Steuergelder bekommt die NPD ein Jahr nach dem Karlsruher Urteil noch – obwohl die Richter ausdrücklich auf die Möglichkeit hinwiesen, den Geldhahn zuzudrehen. Zwar wurden die Voraussetzungen dafür im Sommer durch eine Grundgesetzänderung geschaffen. Doch aktuell prüft eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einen Antrag beim Verfassungsgericht noch. Auch ein neuer Anlauf für ein Verbot ist wohl noch nicht vom Tisch. Klar ist derweil schon, dass die NPD auch ohne offiziellen Ausschluss von der Parteienfinanzierung vorerst auf den Löwenanteil an Steuergeld verzichten muss. Mit 0,4 Prozent Stimmenanteil bei der Wahl fällt die Unterstützung aus Bundesmitteln weg. Diese belief sich 2016 auf knapp 1,03 Millionen Euro. Der Länderanteil lag bei knapp 110 650 Euro. Aktuelle Zahlen für 2017 dürfte der Bundestag Mitte Februar veröffentlichen.
An der Situation der NPD würde die Streichung der Gelder wenig ändern, glaubt Experte Virchow. „Die stellen sich intern darauf ein, dass diese Ressource an Bedeutung verliert und haben auch ein Sparprogramm mit Entlassungen von Angestellten angeschoben.“