Was wird aus Frauke Petry? Frauke Petry will Schicksal Bernd Luckes entgehen

Berlin (dpa) Drei Wochen ist es her, dass Frauke Petry der AfD den Rücken gekehrt hat. Einer Partei, in deren Aufstieg sie viereinhalb Jahre lang fast ihre ganze Energie gesteckt hat. Den Abend der niedersächsischen Landtagswahl verbrachte die fraktionslose Abgeordnete und frühere AfD-Chefin mit ihren Kindern.

 Frauke Petry.

Frauke Petry.

Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Wenn sie über die AfD spricht, rutscht Petry manchmal noch versehentlich ein „Wir“ heraus. Die Trennung ist noch sehr frisch. Fragt man diejenigen, die an der AfD-Spitze jetzt ohne sie die Strippen ziehen, ob womöglich noch weitere Bundestags- oder Landtagsabgeordnete zu der von Petry neu gegründeten „Blauen Partei“ wechseln könnten, erntet man meist nur ein Schulterzucken. Die Parole lautet: „Ach was, das Thema ist durch.“

Der Politologe Hajo Funke ist sich da nicht so sicher. Er vermutet: „Die Spannungen in der AfD werden weiter zunehmen.“ Grund dafür seien rassistische Äußerungen und ideologische Verschiebungen, die vor allem auf das Konto von AfD-Parteivize Alexander Gauland und seines wichtigen Verbündeten, des Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke, gingen. „Es gibt Rechtskonservative in der AfD, die kriegen immer mehr Bauchschmerzen“, sagt Funke.

So hat Anette Schultner jetzt das Handtuch geworden. Die Bundesvorsitzende der „Christen in der AfD“ sagt: „Was mich schier zur Verzweiflung gebracht hat in dieser Partei ist, dass das bürgerliche Lager nicht wehrhafter auftritt gegenüber den Radikalen.“ Die AfD habe trotz aller Probleme aber auch positive Impulse in die Gesellschaft gegeben. „Wenn auch die Grünen jetzt über Heimat reden, dann ist das doch gut“, sagt sie.

Funke und Petry glauben beide, dass viele Unzufriedene noch den AfD-Bundesparteitag abwarten wollen, wo Anfang Dezember ein neuer Parteivorstand gewählt werden soll. Zwei Mitglieder der AfD-Bundestagsfraktion aus Nordrhein-Westfalen haben schon angekündigt, dass mit einem Bundesvorsitzenden Höcke für sie eine rote Linie überschritten wäre.

Aus einigen anderen Landesverbänden hört man Ähnliches. Jörg Meuthen, der seit Petrys spektakulärem Abgang alleiniger Parteichef ist, will sich zu der Frage, ob er eine Kandidatur Höckes für den Parteivorstand befürworte, nicht äußern. Hinter den Kulissen sollen dazu aber sehr wohl Gespräche laufen.

Für die Verwirklichung von Petrys Plänen für ein rechtskonservatives Bürgerforum mitsamt neuer Partei wäre ein AfD-Vorsitzender Höcke  ein Geschenk. Petry sagt: „Die AfD hat den Durchbruch ins bürgerliche Milieu nie tatsächlich geschafft.“ Der „Blauen Partei“ werde dies gelingen, glaubt sie. In Sachsen wollen sie und ihre Mitstreiter 2019 zur Landtagswahl antreten.

AfD-Parteivize Alexander Gauland bereiten Petrys Pläne angeblich  keine schlaflosen Nächte. Er sagt, er sehe zwischen CDU, FDP und AfD „keine Marktlücke für diese Partei“. Gauland verweist auf das freudlose Schicksal der Kleinpartei des früheren AfD-Vorsitzenden Bernd Lucke. Sie hatte 2015 vergeblich versucht, sich unzufriedenen bürgerlichen Wählern als „anständige Alternative“ anzudienen.

Doch auch die AfD bietet ihrem Spitzenpersonal in diesen Tagen nicht nur Anlass zur Freude. Im niedersächsischen Landesverband ist der seit Monaten schwelende Konflikt zwischen den Anhängern und Gegnern von Landeschef Paul Hampel just am Tag der Landtagswahl eskaliert. Hampel ist einer, der kein Problem damit hätte, Höcke im Parteivorstand zu sehen – trotz seiner Forderung nach einer ,,erinnerungspolitischen Wende“.  Doch darum geht es gar nicht bei diesem Streit in Niedersachsen, wo in den vergangenen Wochen fleißig intrigiert und konspiriert wurde.

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