Die AfD in der Krise AfD hat Probleme mit Wählern und sich selbst

Berlin Der Skandal um den Chat einer AfD-Gruppe aus Sachsen-Anhalt versetzt nicht nur politische Gegner in Wallung. Auch bei einigen AfD-Mitgliedern kommt dieser Mix aus pubertären Witzen, Hass-Kommentaren und gesteigertem Nationalismus nicht gut an.

Berlin Der Skandal um den Chat einer AfD-Gruppe aus Sachsen-Anhalt versetzt nicht nur politische Gegner in Wallung. Auch bei einigen AfD-Mitgliedern kommt dieser Mix aus pubertären Witzen, Hass-Kommentaren und gesteigertem Nationalismus nicht gut an.

Im Zentrum der Kritik steht ein Mitglied der Chat-Gruppe: André Poggenburg, AfD-Landesvorsitzender und Beisitzer im Bundesvorstand. „Der Landesvorsitzende hätte einschreiten müssen, wenn in einer Gruppe mit 200 Leuten von Machtergreifung die Rede ist und davon, die Presse zu unterwandern“, sagt Bundesvorstandsmitglied Dirk Driesang. Er stößt sich vor allem an dem Satz „Deutschland den Deutschen“, den Poggenburg selbst in die Chat-Gruppe geschickt hatte. „Ich bin ein langmütiger Mensch, aber das geht zu weit“, schimpft Driesang, der dem bayerischen Landesverband angehört.

Doch die Aufregung um Poggenburg ist nur eine von zahlreichen Baustellen, mit denen sich die AfD drei Monate vor der Bundestagswahl beschäftigen muss. Ende August dürfte der sächsische Landtag über die von der Staatsanwaltschaft Dresden beantragte Aufhebung der Immunität von Frauke Petry entscheiden. In dem Ermittlungsverfahren gegen die Parteichefin geht es um den Vorwurf des Meinedes.

Bei einer Telefonkonferenz des Bundesvorstandes ging es vorgestern aber nicht um Petry oder Poggenburg, sondern um die Probleme mit der niedersächsischen AfD-Kandidatenliste für die Bundestagswahl. Die Angelegenheit, zu der Landeschef Paul Hampel Rede und Antwort stehen musste, ist reichlich merkwürdig. Bis heute ist ungeklärt, warum die Unterlagen zunächst nicht bei der Landeswahlleiterin angekommen waren. Zudem waren später gefälschte Briefe aufgetaucht, die belegen sollten, dass die Liste doch schon eingereicht worden sei. Wer für diese Fälschung verantwortlich ist, ist noch unklar.

Der Ex-Fernsehjournalist Hampel hat seinen Parteikollegen nun zwar versichert, er werde alle Unterlagen rechtzeitig nachreichen. Für den Fall, dass die Landeswahlleiterin etwas monieren sollte, laufen aber nach Informationen aus Parteikreisen parallel Vorbereitungen für eine Wiederholung der Listenaufstellung. Probleme bei der Aufstellung der Kandidatenliste hatte es auch in Hessen und im Saarland gegeben. In Bayern darf AfD-Landeschef Petr Bystron seinen vierten Platz auf der Kandidatenliste behalten, obwohl er wegen Sympathie-Bekundungen für die rechtsextremistische „Identitäre Bewegung“ vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Parteichefin Frauke Petry beobachtet das Treiben aus sicherer Distanz. Die AfD-Vorsitzende war auf dem Bundesparteitag im April mit einem Antrag für einen „realpolitischen Kurs“ gescheitert. Zurzeit widmet sie sich vor allem ihrem fünften Kind, das kürzlich zur Welt gekommen ist.

Von den beiden Spitzenkandidaten Alexander Gauland und Alice Weidel ist zu den jüngsten Problemfällen bislang nicht viel zu hören gewesen. Das ungleiche Duo konzentriert sich auf den Wahlkampf. Intern wurde zuletzt heftig darum gerungen, ob die AfD auf ihren Plakaten mehr auf fröhlichen Patriotismus oder auf Untergangs-Ängste setzen sollte. Man einigte sich schließlich auf einen Mittelweg und den Spruch „Trau Dich, Deutschland!“ In Wählerumfragen liegt die AfD zur Zeit bundesweit bei sieben Prozent.

Was es für die AfD nicht einfacher macht: Die Kritik an der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel (CDU) taugt für die Mobilisierung der Wähler nicht mehr so gut wie 2016. Das liegt vor allem daran, dass zur Zeit weniger Asylsuchende  kommen. Außerdem beackern einige der anderen Parteien inzwischen stärker auch Problemfelder, auf denen sich die AfD zuletzt profilieren konnte – von erleichterten Abschiebungen bis zum Erhalt des Bargeldes. „Die Altparteien übernehmen ein AfD-Thema nach dem anderen“, klagt Weidel.

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