Deutsch-französischer Ministerrat tagt Macron, Merkel und die Hoffnung auf Meseberg

PARIS Emmanuel Macron ist erst 40, doch er muss sich schon Sorgen um sein politisches Erbe machen. Denn der Streit um die Einwanderungspolitik könnte die EU zur Implosion bringen. Ausgerechnet jene EU, deren prominentestes Aushängeschild der französische Präsident ist.

Zur Europa-Hymne zog er in den Hof des Louvre ein, für sein europäisches Engagement bekam er den Aachener Karlspreis. Vier Reden hat er zum Thema Europa gehalten. Die wichtigste, an der Pariser Universität Sorbonne, ist bereits neun Monate her. Doch getan hat sich seither nichts. Der französische Präsident steht nämlich isoliert da. Und das nicht nur, weil ihm in Italien mit Matteo Renzi ein Verbündeter wegbrach. Sondern auch, weil er meinte, im Alleingang europäische Außenpolitik betreiben zu müssen. Ein Versuch, der kläglich scheiterte, wie der Ausstieg der USA aus dem Iran-Abkommen zeigt.

Deutschland wirkt dabei wie der getriebene Partner eines Staatschefs, der alles selbst in die Hand nehmen will. Sogar zur Regierungskrise im Nachbarland bezog Macron am Freitag Stellung, feuerte Breitseiten gegen Innenminister Horst Seehofer (CSU) ab. Das sollte wohl auch kaschieren, dass der Europäer Macron in der Krise um das Flüchtlingsschiff „Aquarius“ versagt hat. Erst tauchte er drei Tage ab, dann kritisiere er Italien. „Zynisch und unverantwortlich“ sei die Entscheidung der Regierung in Rom, die Flüchtlinge nicht an Land gehen zu lassen, ließ Macron erklären. Eine kurze diplomatische Krise mit Italien war die Folge.

„Es ist paradox zu sehen, dass er derjenige ist, der die Uneinigkeit zwischen den Mitgliedsstaaten der Union verstärkt, wo er sich doch als Geburtshelfer eines gestärkten Europas sah“, schreibt „Le Figaro“. Macrons Traum von der Neugründung Europas scheint zum Albtraum zu werden: Die EU steuert eher auf ihren Untergang zu als auf einen Neuanfang. Und das, obwohl der G7-Gipfel gezeigt hat, dass nur ein Zusammenschluss der Europäer gegen die Bedrohungen von außen helfen kann.

„Wie soll er verändern, wo er doch kaum Unterstützung von den Mitgliedsstaaten bekommt und die von Merkel begrenzt ist?“, verteidigt der frühere Außenminister Hubert Védrine den Präsidenten. Neun Monate brauchte die Kanzlerin Angela Merkel (CDU), bis sie Macron ihre Antwort auf seine europapolitischen Vorschläge an der Sorbonne gab. Und die stellten in Frankreich kaum jemanden zufrieden.

Die Politik der kleinen Schritte dürfte bei der Sitzung des deutsch-französischen Ministerrates morgen in Meseberg weitergehen. Das Treffen ist die letzte Gelegenheit, sich vor dem EU-Gipfel Ende Juni auf einen gemeinsamen Vorschlag für Reformen zu einigen. Ein Schulterschluss sei für ihn selbstverständlich, sagte Außenminister Heiko Maas (SPD) jüngst. Doch die Kanzlerin machte bereits klar, wo ihre Grenzen liegen: Ein Investivhaushalt im kleinen zweistelligen Milliardenbereich, ein Europäischer Währungsfonds mit Mitsprache der Parlamente.

Merkels Vorschläge und Macrons Visionen müssen die Minister in Meseberg zusammenbringen. Eine Vereinbarung sei in Reichweite, hieß es am Wochenende von französischer Seite. Sogar beim heiklen Thema Eurozonen-Budget habe es Fortschritte gegeben. Beiden Seiten ist klar, dass sie in diesen Krisenzeiten aufeinander angewiesen sind wie selten zuvor. Nur wenn sie schnell einen gemeinsamen Nenner finden, kann auch die EU dauerhaft überleben. Dass das Treffen wegen der deutschen Regierungskrise ausfallen könnte, daran glaubt der Elysée nicht.

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