Katholikentag in Münster Zwischen Friedenssuche und Freibier-Stimmung

MÜNSTER (kna/dpa) Friede, Freude, Eierkuchen? Nein, darauf lässt sich der 101. Deutsche Katholikentag in Münster nicht ganz bringen. Klar: Die gute Laune ist den rund 70 000 Teilnehmern des größten Treffens katholischer Laien in Deutschland, das noch bis Sonntag läuft, anzusehen. Es wird viel gelächelt; im vollen Linienbus stimmen einige schon mal „Großer Gott, wir loben dich“ an. Friedlich geht es da zu, getreu des Mottos „Suche Frieden“. Trotzdem knirscht und knistert es auch in Münster. Und es ist ein Treffen, bei dem nicht alle an den großen Fragen interessiert zu sein scheinen.

Auf der großen Bühne freilich geht es oft um Frieden. Kaum ein Redner, der den Begriff nicht aufgreift. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier etwa betont seine Sorge über die Kündigung des Atomvertrags mit dem Iran durch die USA. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bedauert die Kündigung in Münster ebenfalls. Seine Sorge um den Frieden bekundet auch Papst Franziskus – durch einen Sprecher. Und auch der Veranstalter des Katholikentags, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), veröffentlicht in Münster einen Appell zu mehr Respekt vor Andersdenkenden und mehr Engagement für gewaltfreie Lösungen von Konflikten. Auf Friedenskurs auch Münsters Bischof Felix Genn, der zu überlegen verlangt, welche Waffen jeder Einzelne für mehr Frieden symbolisch vernichten könne. Damit meint er vermutlich auch seine Kollegen. Denn zuvor hatte der Oberhirte bereits zum Kommunionstreit der deutschen Bischöfe gesagt, das Motto des Katholikentags sei auch ein Aufruf an eben diese, sich zu einigen.

Allerdings geht der innerkirchliche Streit in Münster weiter. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, verwahrt sich etwa gegen die Kritik des Regensburger Bischofs Rudolf Voderholzer. Dieser hatte den Katholikentag aufgefordert, sich mit Forderungen zu Glaubensfragen zurückzuhalten. Selbstkritisch gibt sich auch der Trierer Bischof Stephan Ackermann zu Versäumnissen der Kirche im Umgang mit sexuellem Missbrauch: „Wir müssen in Fragen der Transparenz, von Regeln, Machtkontrolle oder Verfahrensabläufen von anderen lernen.“ Andere Institutionen seien der Kirche voraus. Die Kirche brauche Rechtsstandards wie eine „Gewaltenteilung“.

Die große Politik, die großen Podiumsdiskussionen und die großen kirchlichen Fragen spielen bei den Besuchern allerdings nur für die wenigsten eine Rolle. Die Mehrheit der 50 000 Dauerkarteninhaber und mindestens 20 000 Tagesausflügler begreift das Glaubensfest vor allem als netten Wochenendausflug, als Volksfestbesuch mit Bratwurst und etwas Kirchenfolklore.

Vielleicht auch, weil das das Programmheft zum Katholikentag, fast 700 Seiten dick, für ein gewisses thematisches Durcheinander sorgt. Orgelmusik aus dem Ersten Weltkrieg, „Komm, wir bauen eine Friedensstadt!“, Weihrauch-Tasting, „Online beten – wie geht das?“. Es gibt sogar einen Tretbootgottesdienst auf einem künstlich angelegten Münsteraner Stausee. Die mehr als 1000 Veranstaltungen, vornehmlich gepresst in drei Haupt-Programmtage, bieten ein Wirrwarr an Möglichkeiten und spirituellen Kuriositäten.

Entsprechend herrscht viel heitere Freibier-Stimmung. Immer unter dem großen Friedensmotto, das sogar im Souvenirshop vorherrscht. Das Armband mit dem Slogan „Suche Frieden“ zum Beispiel kostet zwar nur einen Euro, ist aber schon vergriffen.

Aber Frieden und Heiterkeit sind auch auf der großen Bühne nicht allgegenwärtig. Diesen Samstag könnte es passieren. wenn eine im Vorfeld umstrittene Debatte mit AfD-Beteiligung beginnt. Linke Gruppen haben lautstarken Protest angekündigt. Friede, Freude, Eierkuchen sieht anders aus.

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