TTIP tritt auf der Stelle

Brüssel · Null. So lautet die Bilanz der bisherigen Gespräche um das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union nach drei Jahren und 13 Verhandlungsrunden. Bislang konnten EU-Chefunterhändler Ignacio Garcia Bercero und der US-Handelsbeauftragte Dan Mullaney noch hinter keinen der 27 Teilbereiche einen Haken setzen. Auch in der jüngsten Runde, die gestern zu Ende ging, hat sich wenig getan. Dabei drängt langsam die Zeit.

Selbst EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström musste unlängst eingestehen, dass "bedeutende Fortschritte" nötig seien, um einer Vereinbarung näherzukommen. An ihrer Ambition, dies zu erreichen, ließ die Schwedin keinen Zweifel: "Ich will diese Verhandlungen dieses Jahr zu Ende bringen." Doch bis dahin bleibt eine Menge zu tun. Lediglich vier der 27 Bereiche sind dem jüngsten Kommissionsbericht zufolge "in fortgeschrittener Konsolidierung". "Das heißt allerdings nicht, dass man sich in diesen Bereichen auch schon geeinigt hat", sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses, Bernd Lange (SPD ), der SZ. Vielmehr werden in solchen Texten die amerikanischen und europäischen Einwände aneinandergereiht. Zu diesen Bereichen gehören die Themen Wettbewerb, Zölle und Handelserleichterungen, kleine und mittelständische Unternehmen sowie das ewige Streitthema des Investorenschutzes.

Nach wie vor haben die Amerikaner allerdings Vorbehalte gegen einen öffentlichen Gerichtshof mit eigenen Richtern. Lieber will man an den bisherigen privaten Schiedsgerichten festhalten, in denen Anwälte wechselweise auch als Richter fungieren können. In den Verhandlungen dürfte das Thema daher weiter auf Eis liegen. Doch auch in den übrigen Bereichen bleiben viele Baustellen. "Die Liste offener Fragen ist lang", weiß der Europaabgeordnete Lange. Dazu zählen etwa Korruptionsbekämpfung, Energie sowie der Umgang mit Subventionen und öffentlicher Auftragsvergabe.

Dabei könnten beide Seiten von einem funktionierenden Abkommen profitieren. Gemeinsam würde der Markt mit gut 800 Millionen Menschen 30 Prozent der Weltwirtschaft ausmachen. Und Exportländer wie Deutschland könnten die bisherigen Mehrkosten durch unterschiedliche Bestimmungen von bis zu 20 Prozent auf null reduzieren.

Handelskommissarin Malmström wird nicht müde zu betonen: "Dass das Abkommen Substanz hat, ist wichtiger als das Tempo, in dem wir es abschließen." Doch bereits im November wählen die Amerikaner einen neuen Präsidenten. Und die potenziellen Anwärter sind nicht gerade Vorboten für eine schnelle Einigung in den Verhandlungen . Dabei täten beide Seiten gut daran, sich zu einigen. Denn die Schwellenländer drängen auf den Markt. Wenn nicht Europa und die USA die Standards setzen, werden es andere tun. Und zwar ohne Rücksicht auf Umweltschutz oder Sicherheit am Arbeitsplatz. Natürlich ist es richtig, dass gemeinsame Standards nicht so niedrig sein dürfen, dass sie das bisherige Niveau verwässern. Und es mag sein, dass es Zeit braucht, sich auf Kompromisse zu einigen. Doch wenn das Abkommen in diesem Jahr nicht mehr ausverhandelt werden kann, könnte es endgültig ins Aus katapultiert werden. Dessen sollten sich alle bewusst sein.

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