Den überraschenden Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler quittieren auch viele ausländische Zeitungen mit Verwunderung - und deutlicher Kritik. So schreibt das in Wien erscheinende Blatt "Die Presse": Der große Bonus des einstigen IWF-Chefs war auch

Den überraschenden Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler quittieren auch viele ausländische Zeitungen mit Verwunderung - und deutlicher Kritik. So schreibt das in Wien erscheinende Blatt "Die Presse": Der große Bonus des einstigen IWF-Chefs war auch sein größtes Handicap: Er kam nicht aus der aktiven Politik. Das verlieh ihm Frische und Glaubwürdigkeit

Den überraschenden Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler quittieren auch viele ausländische Zeitungen mit Verwunderung - und deutlicher Kritik. So schreibt das in Wien erscheinende Blatt "Die Presse": Der große Bonus des einstigen IWF-Chefs war auch sein größtes Handicap: Er kam nicht aus der aktiven Politik. Das verlieh ihm Frische und Glaubwürdigkeit. Von der Notwendigkeit, in politischen Kategorien zu denken, entbindet es nicht. (. . .) Dass er nun wegen der Kritik zurücktritt, ist irgendwie absurd, zumal er in sechs Jahren - etwa von Gerhard Schröders SPD - schon kräftigere Hiebe ausgehalten hat. Doch er hält das Amt für beschädigt. Welcher österreichische Politiker würde wohl zurücktreten, wenn sein Amt tatsächlich beschädigt wäre? Wo hier zu wenig Sensibilität herrscht, herrscht in Deutschland zu viel Dünnhäutigkeit. Auch die "Neue Zürcher Zeitung" bewertet Köhlers unverhofften Abgang negativ: Seine Gegner mögen kleingeistig, streitsüchtig und durchsichtig agiert haben. Aber im Wesentlichen liegt der Fehler bei ihm selber. Erst die Zeit wird zeigen, weshalb es Horst Köhler nach einem guten Start nicht gelang, mehr Durchhaltevermögen an den Tag zu legen. Dafür wird man vielleicht Gründe finden. Der Rücktritt hingegen mag ein Rätsel bleiben. Schade um die Person. Aber auch schade um das Amt. Die polnische Zeitung "Rzeczpospolita" sieht es ähnlich: Er hat das Amt in einer Zeit verlassen, in der sich das Schicksal des Euro und die Zukunft der Währungsunion entscheidet. Bei dieser Gelegenheit zeigte er eine bisher unbekannte Charaktereigenschaft: Er konnte mit der Kritik, ohne die es keine Demokratie gibt, nicht umgehen. (. . .) Köhlers Ziel war es, das höchste Staatsamt würdig auszuüben. Das ist aber keine Aufgabe für Überempfindliche. Dagegen kritisiert die "Berner Zeitung" aus der Schweiz die Reaktionen auf Köhlers Interview zu Bundeswehr-Missionen: Diese Empörungsmaschinerie ist inzwischen Alltag in Deutschland. Sie kann jeden treffen, der ein falsches Wort sagt - oder ein falsch verstandenes Wort. Moralinsauer, pingelig, hysterisch - so verlaufen diese Debatten meistens. Die eigentlichen Probleme bleiben derweil ungelöst. Horst Köhler wollte bei diesem Spiel nicht mehr mitmachen. Man kann ihn verstehen.

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Zum überraschenden Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler findet die "Freie Presse" aus Chemnitz deutliche Worte: Horst Köhler begeht Fahnenflucht, nur weil ihm angeblich der Respekt versagt wurde. Als Bundespräsident hätte er die Möglichkeit gehabt,
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