Mauer zu Mexiko Ein „Deal-Maker“ ohne Einsicht

Washington · Ob Staatsbedienstete nach Ablauf der Frist am 15. Februar erneut in den Zwangsurlaub geschickt werden, wagt niemand zu prophezeien. Sicher ist nur: Trump hat einen hohen Preis bezahlt für seine Art, dem erstarkten politischen Gegner die Pistole auf die Brust zu setzen, statt geduldig den Dialog zu suchen.

 Er mauert weiter: US-Präsident Donald Trump.

Er mauert weiter: US-Präsident Donald Trump.

Foto: dpa/Jacquelyn Martin

Fünf Wochen nachdem er einen partiellen Regierungsstillstand provozierte, musste er ihn abbrechen, ohne auch nur eine einzige seiner Forderungen durchsetzen zu können. Der Kongress, deswegen hatte er den Streit vom Zaun gebrochen, sollte 5,7 Milliarden Dollar für den Bau von Betonmauern und/oder Stahlzäunen an der Südgrenze bewilligen. Am Ende bewilligte er nicht einen Cent. Die Ausgangsposition ist exakt die gleiche wie vor Weihnachten, nur dass Trump deutlich schwächer dasteht. In den Reihen der Republikaner ist vielen der Appetit auf ein zweites Kräftemessen vergangen.

Wie gering das Verständnis war, das selbst Wohlwollende noch für Trumps Brechstangenpolitik hatten, machte allein schon der Direktor des FBI, einer besonders hart getroffenen Behörde, mit einem ungewöhnlichen Gefühlsausbruch klar. Leute nicht arbeiten zu lassen, wenn sie es wollten, und andere zur Arbeit zu zwingen, ohne sie bezahlen: „Es ist verrückt, es ist kurzsichtig, und es ist unfair“, polterte Christopher Wray, ein Konservativer, von Trump ernannt und bislang diskret loyal. „So zornig wie jetzt war ich schon lange nicht mehr.“ Andererseits ist da Ann Coulter, die wohl spitzeste Kommentatorin der Rechten, die Trump vorwirft, seine Anhänger an der Nase herumgeführt zu haben, als er die Mauer zur Wahlkampfikone machte. „Gute Nachricht für Herbert Walker Bush. Er ist seit heute nicht mehr das größte Weichei, dass je als Präsident der USA gedient hat“, schrieb sie in einem Tweet. Indem Trump beim Mauerbau einknickte, suggeriert Coulter, verrät er die Leute, denen er sein Amt verdankt.

Dennoch, dass die enttäuschte Basis auf Distanz zu ihrem Helden geht, ist kaum zu erwarten. Mit seinem „America First“ bleibt er ihr Hoffnungsträger, eine Alternative zu ihm ist nicht in Sicht, zumindest noch nicht. Wohl aber könnten sich Wechselwähler, die dem Geschäftsmann 2016 zum Sieg über Hillary Clinton verhalfen, desillusioniert von ihm abwenden. Ihnen hatte sich Trump als Meister geschickten, energischen Verhandelns präsentiert. Nun steht er mit leeren Händen da.

Der Präsident ist gezwungen, anzuerkennen, was sich verändert hat in der politischen Landschaft. Dass der Kongress nicht mehr der verlängerte Arm des Weißen Hauses ist, der er zwei Jahre lang war, sondern ein echtes Gegengewicht. Will er weitere Blamagen vermeiden, muss sich Trump der neuen Geografie anpassen. An Kompromissen mit den Demokraten führt kein Weg mehr vorbei, er wird erstmals praktizieren müssen, womit er seit über drei Jahrzehnten prahlt: die Kunst des Deals. Erlernt er sie, liegt darin für ihn eine Chance.

Er könnte sich Bill Clinton zum Vorbild nehmen, den Vorvorgänger im Amt, der 1995 nach einer Kongresswahlschlappe begann, den kleinsten gemeinsamen Nenner mit den Republikanern zu suchen – und 1996 mit klarer Mehrheit wiedergewählt wurde.

Lerneffekte? Im Augenblick ist nicht viel davon zu erkennen. Bekomme er keinen fairen Deal vom Parlament, drohte Trump kurz nach seiner Kapitulation, werde er die Regierung Mitte Februar erneut schließen. Oder aber den Notstand an der Grenze ausrufen, um die Mauer auch ohne grünes Licht des Kongresses bauen zu können.

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