Teurer Irrsinn

Meinung · Es liegt etwas im Argen in Deutschland. Die Pleite um den Hauptstadtflughafen ist nicht nur peinlich für Berlin, das so gerne eine Metropole sein will und doch nicht über das provinzielle "arm, aber sexy" hinauskommt. Obendrein steht das Debakel um Schönefeld für eine fatale Entwicklung im Großen wie im Kleinen

Es liegt etwas im Argen in Deutschland. Die Pleite um den Hauptstadtflughafen ist nicht nur peinlich für Berlin, das so gerne eine Metropole sein will und doch nicht über das provinzielle "arm, aber sexy" hinauskommt. Obendrein steht das Debakel um Schönefeld für eine fatale Entwicklung im Großen wie im Kleinen. Fehlplanungen, immense Kostensteigerungen, wachsender Bürgerfrust - das ist inzwischen deutsche Normalität, wenn sich Politik und Wirtschaft daran machen, Infrastruktur- und Prestigeprojekte umzusetzen.Teurer geht's immer, billiger nie. Was für ein Irrsinn. Vom Norden bis zum Süden lassen sich unzählige Großprojekte finden, bei denen sich der Steuerzahler angesichts der Kostenexplosionen verwundert die Augen reibt. Ob bei Hamburgs Elbphilharmonie, Stuttgarts neuem Bahnhof oder dem Saarbrücker Museumsneubau ("Vierter Pavillon") - kein Tag vergeht, an dem nicht über irgendeinem Vorhaben die Schlagzeile steht: "Wird teurer als geplant". Und auch in den Städten mit ihren horrenden Defiziten schreitet der Dilettantismus voran, wie das jährliche Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes belegt. Eine Kommune ohne eigenes Millionengrab, ohne eine Brücke, die unnütz in der Gegend steht - das darf offenbar nicht mehr sein.

Doch wie kann das sein? Pünktlichkeit, Präzision und Effizienz waren einmal deutsche Tugenden und Ausdruck von wirtschaftlicher Stärke. Aus, vorbei. Der Grund ist simpel: Es mangelt schlichtweg an Verantwortungsbewusstsein für öffentliche Gelder. Besonders bei Bauvorhaben steckt System dahinter. Wären bei jeder Planung von Anfang an die wahren Kosten bekannt, könnten sie kaum noch durchgesetzt werden. Der Trick ist somit klar: Erst werden die notwendigen Mittel künstlich kleingerechnet, dann wird losgebaut, und wenn die Fakten geschaffen und Millionen verbuddelt sind, rücken die Planer mit den wahren Summen raus. Nicht immer, aber immer öfter.

Dann wird Geld nachgelegt und vollendet, egal, was es kostet. Die Politik nimmt dieses Spiel lieber in Kauf, als mutig und gewissenhaft klare Kante zu zeigen. Dann eben nicht, das traut sich keiner zu sagen. Obwohl es manchmal besser wäre. Viele wollen aber nicht vor den (Bau-)Ruinen ihrer eigenen Entscheidungen stehen.

Das alles geht zu Lasten der Bürger, die für die Mehrkosten aufkommen müssen. Mit Geld, das anderswo dringend benötigt wird. Gewiss, seriöse Kalkulationen werden schwieriger angesichts der wachsenden Komplexität von Bauprojekten. Allein durch immer schärfere Auflagen. Aber dass zu häufig derjenige bei öffentlichen Ausschreibungen gewinnt, der die niedrigsten und eben nicht die realistischen Kosten ansetzt, dürfte unumstritten sein. Seriosität muss deshalb wieder ein Markenzeichen deutscher Baukunst werden.

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