Tacheles gegen Rechts

Meinung · Auch wenn der Bundestag mit fraktionsübergreifender Mehrheit den Untersuchungsausschuss zur Mordserie der Rechts-Terroristen eingesetzt hat - dies ist und bleibt ein politisches Gremium. Das bedeutet: Es wird auch um die politische Bewertung ermittelter Erkenntnisse gehen müssen. Insofern darf man den Schwüren nicht trauen, dass Parteienstreit möglichst außen vor bleiben soll

Auch wenn der Bundestag mit fraktionsübergreifender Mehrheit den Untersuchungsausschuss zur Mordserie der Rechts-Terroristen eingesetzt hat - dies ist und bleibt ein politisches Gremium. Das bedeutet: Es wird auch um die politische Bewertung ermittelter Erkenntnisse gehen müssen. Insofern darf man den Schwüren nicht trauen, dass Parteienstreit möglichst außen vor bleiben soll.Der Ausschuss wird genügend Anlass bieten, hart miteinander ins Gericht zu gehen. Und das ist gut so. Denn die Fragen, um die es geht, lassen sich nicht abkoppeln von politischen Versäumnissen und Fehlurteilen. Zumal es davon viel zu viele gibt. Das beginnt bei der Ausgestaltung der Sicherheitsarchitektur und der Kontrolle von Nachrichtendiensten,Verfassungsschützern sowie ihrer V-Leute-Praxis. Und es endet bei der Frage, wie ernst die Politik das Problem überhaupt genommen hat - wurden doch über Jahre hinweg Fördermittel für Projekte und Initiativen im Kampf gegen Rechts gestrichen. Auch über den beschämenden Umgang mit den Familien der Ermordeten muss geredet werden. Der Ausschuss wird nur dann glaubwürdig arbeiten können, wenn er die Politik selbst einer kritischen Überprüfung unterzieht - an deren Ende man um parteipolitische Scharmützel nicht herumkommt. Das gehört auch zum tieferen Sinn eines solchen Gremiums.

Ob der Ausschuss freilich erfolgreich sein wird, indem er neue Erkenntnisse zutage fördert, steht auf einem anderen Blatt. Viele Ermittler und Gremien auf Bundes- sowie Länderebene befassen sich bereits mit der Mordserie der Zwickauer Terrorzelle. Es droht ein Wirrwarr an Einschätzungen und Kompetenzen. Außerdem gilt: Immer dann, wenn es um das Versagen der Dienste geht, wird blockiert. Die Zuständigkeiten für Polizei und Verfassungsschutz liegen nun mal fast gänzlich bei den Ländern, die alles andere als begeistert darüber sind, dass nun auch noch der Bundestag ihre Fehler unter die Lupe nehmen will. Doch genau das muss der Ausschuss unbedingt tun, wenn er am Ende Konsequenzen für eine Neuausrichtung der Sicherheitsarchitektur ziehen will. Dabei wird um jede Akte gerungen werden.

Man muss also kein Prophet sein, um zu wissen, dass das Gremium unter keinem besonders guten Stern steht. Zumal klar ist: Die Einsetzung des U-Ausschusses ist allenfalls ein kleiner Schritt im Kampf gegen Rechts-Terroristen. In Ost- und Westdeutschland hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eine stabile rechtsextreme Szene etabliert, Teile davon sind gewaltbereit. Alltäglicher Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind zudem weit verbreitet, wie zahlreiche Studien zeigen. Rechte Gesinnung ist kein isoliertes Phänomen mehr. Mit Korrekturen bei den Nachrichtendiensten und Gesetzentwürfen allein lässt sich die Gefahr des braunen Terrors nicht nachhaltig bannen.

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