Sündhaft teurer Glaube

Meinung · Zurück auf Anfang. Nichts ist entschieden. War alles nur ein Medienhype: Das bange Warten auf den Tag der Entscheidung, das Zittern, ob die staatseigene Bahn AG ihr einst gefälltes Votum revidiert, ob der Konzern einknickt angesichts der horrenden Kostensteigerungen. Nichts von alledem ist geschehen. Die Bahn-Kontrolleure haben getan, was die Bahn-Spitze vorgeschlagen hat

Zurück auf Anfang. Nichts ist entschieden. War alles nur ein Medienhype: Das bange Warten auf den Tag der Entscheidung, das Zittern, ob die staatseigene Bahn AG ihr einst gefälltes Votum revidiert, ob der Konzern einknickt angesichts der horrenden Kostensteigerungen. Nichts von alledem ist geschehen. Die Bahn-Kontrolleure haben getan, was die Bahn-Spitze vorgeschlagen hat. Der fahrlässig schludrig geplante Bahnhof in Stuttgart soll weitergebaut werden.Durch das Votum des Aufsichtsrats ist die Lösung des Konfliktes zwischen Kritikern und Befürwortern keinen Schritt weiter gekommen. Wieder wurde nur vertagt. Denn wer die Baukosten am Ende übernimmt, steht mehr denn je in den Sternen. Auch nur einen einzigen Auftrag auszuschreiben, bis das nicht geklärt ist, wäre fahrlässig und geschehe ganz nach dem alten Motto: Wenn erst einmal gebaut wird, werden Stadt und Land schon ihre Schatullen öffnen.

Da könnten sich Bund und Bahn einen Zahn ausbeißen. Mit der Hartnäckigkeit, mit der die Grünen Schwachstellen der Bahnhofsplanung aufdeckten, werden sie sich nun daran machen, vertragstreu, aber bockig zu bleiben. Sie haben ihren Wählern versprochen, nicht mehr Geld freiwillig beizusteuern. Sie sollten es auch nicht tun in Zeiten, in denen Geld für Ganztagsschulen oder Sozialarbeiter fehlt. Unabhängig davon: Man darf schon die Frage stellen, ob bei einem Unternehmen, das dem Staat gehört, der Glaube ans Gelingen das Wissen um eine unkontrollierbar scheinende Kostenspirale ersetzen darf. Vom Start der Planung bis heute wurde "Stuttgart 21" vier Milliarden Euro teurer. Das ist eine unvorstellbare Summe. Die Bahn, aber auch der Bundesverkehrsminister müssen sich dereinst fragen lassen, warum die Mittel für den Regionalverkehr zu knapp sind, warum andere wichtige Schienenvorhaben oder Ertüchtigungen nicht realisiert werden. Jede weitere Milliarde für den Stuttgarter Bahnhof kannibalisiert andere Projekte.

Doch bis dahin ist die Bundestagswahl vorbei, sind die Akteure entweder am rettenden Ufer oder weit weg. Bis dahin gilt der Finanzierungsvertrag der Partner - oder sollte man besser sagen: Kontrahenten? Bahn-Vorstand Volker Kefer hat selbst gesagt: Die Kostenobergrenze von 4,52 Milliarden Euro ist geknackt. Die Frage muss endlich geklärt werden, ob damit der ganze Vertrag hinfällig ist. Es bleibt der schale Eindruck, dass die Bahn-Aufsichtsräte wie politische Akteure im Sinne einer Signalgebung entschieden haben und nicht wie ein Gremium, das Kosten-Nutzen-Analysen zugunsten des Steuerzahlers verpflichtet ist. Die Kontrolleure wirken wie Co-Alkoholiker, die die Krankheit nicht wahrhaben wollen und immer wieder ein Fläschchen Hochprozentiges geben. Es fällt schwer, den Beteuerungen des Kranken noch zu glauben, er sei gesund.

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