Südafrika steht am Rande eines Bürgerkriegs

Pietermaritzburg

Pietermaritzburg. Irgendwie gleichen sich die Bilder: Die Veteranen des Freiheitskampfes, die in den vergangenen Monaten zur Verteidigung des blutbefleckten Herrschers Robert Mugabes in Simbabwe aufmarschiert sind, und ihre südafrikanischen Kameraden, die diese Woche vor dem Oberlandesgericht Pietermaritzburg Solidarität mit dem wegen Korruption, Betrug, Steuerhinterziehung und Geldwäsche angeklagten ANC-Chef Jacob Zuma demonstrierten. Hier wie dort tragen sie ihre traditionellen Kampfanzüge, die Maschinenpistolen vor der Brust. In Simbabwe sind es echte Waffen, in Pietermaritzburg Attrappen. Aber die Bereitschaft zum Töten scheint auch bei der Vereinigung der Veteranenarmee in Südafrika vorhanden. Generalsekretär Ramatuku Maphuta kündigte an, die Helden von gestern würden keine Verurteilung Zumas akzeptieren. "Wir werden mit allen Mitteln sicherstellen, dass Zuma Staatspräsident wird", sagte er. Notfalls mit der Waffe in der Hand. Selbst Zwelinzima Vavi, Boss des mächtigen Gewerkschaftsbundes Cosatu, schürt das Feuer: "Weil Jacob Zuma einer von uns und einer unserer Anführer ist, sind wir bereit, für ihn unser Leben zu geben und auch zu schießen und zu töten." Die Treueschwüre der Zuma-Vasallen lassen den renommierten Jura-Professor Mervyn Bennun von der Kapstädter Universität - selbst langjähriges ANC-Mitglied - seine Genossen warnen: "Das ist kein Spiel. So beginnt ein Bürgerkrieg."Doch statt die aufgeheizten Gemüter zu beruhigen, heizt Zuma die Stimmung noch an. Nach der zweitägigen Anhörung in Pietermaritzburg präsentierte er sich vor Tausenden jubelnder Anhänger singend und tanzend, ließ in seiner Stammessprache Zulu einige Schmährufe gegen Medien und Justiz los und verkündete: "Ich habe während des Freiheitskampfes lange genug unschuldig im Gefängnis gesessen." Noch einmal werde er sich nicht unschuldig einsperren lassen. Dann stimmte er unter frenetischem Beifall seiner Zuhörer sein traditionelles Kampflied an: "Bringt mir mein Maschinengewehr." Für Zuma geht es um alles oder nichts. Mit seiner Wahl zum ANC-Chef im Dezember vergangenen Jahres schienen für ihn die Weichen ins höchste Staatsamt gestellt: Traditionsgemäß war er damit automatisch auch zum Nachfolger von Staatspräsident Thabo Mbeki bei den Wahlen im Frühjahr 2009 gekürt. Doch unmittelbar nach der turbulenten Wahl wurde er erneut angeklagt. Sollte er verurteilt werden, drohen ihm 15 Jahre Gefängnis. Aber Zuma will sich auf dem Weg nach ganz oben nicht stoppen lassen. Der ANC scharrt sich um den Parteichef. Jugendliga-Chef Julius Malema sagt: "Zuma ist das Ziel einer politischen Verschwörung unter Führung von Staatspräsident Mbeki." Der ANC verlangt, dass alle Anklagen gegen Zuma fallengelassen werden. Ein hoher Richter aus Kapstadt soll bereits massiv versucht haben, das Verfassungsgericht zugunsten Zumas zu beeinflussen. Noch widerstehen Richterschaft und Strafverfolgungsbehörden dem politischen Druck. Doch KP-Generalsekretär Blade Nzimande sieht Südafrika durch das juristische Tauziehen um Zuma "auf dem Weg in den Abgrund". Die schwerste innenpolitische Krise Südafrikas seit der Unabhängigkeit 1994 läßt auch Freiheits-Ikone Nelson Mandela nicht ruhen. Fast verzweifelt beschwor er seine Genossen: "Schützt, verteidigt, festigt die Demokratie und bringt sie voran - in unserer Partei und im ganzen Land."

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