Strafe für Unbotmäßigkeit

Meinung · Wer sich dumm anstellt, muss mit entsprechenden Reaktionen rechnen. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat abermals einen Beweis dafür geliefert, dass er seinem Amt nicht wirklich gewachsen ist. Der Christsoziale hätte wissen müssen, dass sein spektakuläres Schassen der Bundespolizei-Führung für erheblichen Wirbel sorgen würde

Wer sich dumm anstellt, muss mit entsprechenden Reaktionen rechnen. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat abermals einen Beweis dafür geliefert, dass er seinem Amt nicht wirklich gewachsen ist. Der Christsoziale hätte wissen müssen, dass sein spektakuläres Schassen der Bundespolizei-Führung für erheblichen Wirbel sorgen würde. Dass eine Radikal-Rasur unbotmäßiger Spitzenbeamter eine Solidarisierungsbewegung von unten provoziert. Und dass Maßnahmen dieser Tragweite in einer Demokratie sauber begründet werden sollten. Jetzt hat er den Salat - und die Bundesregierung ein weiteres Imageproblem.Gewiss ist Friedrich gesetzlich befugt, den Polizeipräsidenten ohne Angaben von Gründen in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen und dessen Stellvertretern neue Aufgaben zuzuweisen. Doch wer den Willkür-Faktor entkräften will, muss sein Handeln nachvollziehbar erklären können. Dass der Minister lieber ein Kommunikations-Chaos in Kauf nimmt, als der Wahrheit die Ehre zu geben, spricht nicht gerade für ein ausgeprägtes politisches Gespür. Dabei wäre alles so einfach: "Ich habe das Vertrauen in die Führung der Bundespolizei verloren", hätte Friedrich sagen müssen. "Sie hat mich enttäuscht."

Stattdessen sind jetzt 40 000 Bundespolizisten enttäuscht, wie die politische Führung mit den Chefs jener Beamten umspringt, die in Deutschland für Ordnung und Sicherheit sorgen. Diese Enttäuschung passt wie die Faust aufs Auge zur andauernden Frustration über unzulängliche Ausstattung, mangelnde Aufstiegschancen und dürftige Besoldung. Gerade weil Polizeipräsident Seeger seiner Fürsorgepflicht gerecht wurde, wies er öffentlich auf die Probleme hin und forderte (im vergangenen Herbst) deutlich mehr Mittel für seine Behörde. Damit verärgerte der Beamte die Spitze des Ministeriums - und diese zeigte dem untergeordneten Staatsdiener ungeniert, wo der Hammer hängt.

Seeger und seine solidarischen Kollegen wurden gefeuert, weil sie unbotmäßig waren. Sie werden dafür bestraft, dass sie aufmuckten, wo der Minister stille Demut erwartete. Darüber ließe sich noch hinwegsehen, wenn man ansonsten auf einer Wellenlänge funken würde. Doch das Verhältnis des eigenwilligen Ministers zu der unzufriedenen Behördenspitze war nicht mehr zu kitten. Insofern ist der Rauswurf zwar konsequent; er ist aber zugleich Eingeständnis des eigenen Versagens: Die Politik hat versäumt, den früheren Bundesgrenzschutz grundlegend zu reformieren. Der Minister selbst ist für den bedauernswerten Zustand der Behörde verantwortlich. Und weil das bloße Auswechseln der Leitungsebene daran nichts ändert, wird ihn das Problem begleiten bis ans Ende seiner Tage als Minister.

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