Stoff fürs Terror-Kopfkino

Im Zweifel für die Sicherheit. Da haben Kanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Thomas de Maizière völlig Recht. Nach den Terrorattacken in Paris ist auch in Deutschland die Sicherheitslage extrem angespannt.

Das Nachrichtenaufkommen bei den Behörden steigt, weil sich mehr Hinweisgeber melden. Oder weil die Sicherheitskräfte die Dinge intensiver analysieren als in ruhigeren Zeiten. Hinzu kommt ein stärkerer nationaler wie internationaler Austausch von Erkenntnissen. Das erklärt die Unruhe, die Sorge, die derzeit bei den Behörden herrscht - und die sich auch bei den Bürgern niederschlägt. Viele werden jetzt in Situationen, die sonst alltäglich für sie sind, ein mulmiges Gefühl haben. Ob im Bus, bei einem Konzert oder bald auf den Weihnachtsmärkten.

Die Frage ist, wie man es anstellen kann, dass man halbwegs sicher lebt und nicht ständig in Panik gerät. Wenn die Angst vor dem Terror das Leben bestimmt, dann ist das Hysterie. Genau das wollen die Terroristen erreichen - eine Gesellschaft in ständiger Angst. Also: Weiterleben wie bisher! Das ist das richtige Mittel, die richtige Antwort. Und in einem weiteren Punkt hat der Innenminister Recht: Man sollte Vertrauen in die Sicherheitsbehörden und die Verantwortlichen haben. In ihr Können und ihre Fähigkeiten, die jeweiligen Lagen entsprechend einzuschätzen. Etwas anderes bleibt einem allerdings auch nicht übrig, wenn man sich von der Terrorgefahr nicht irre machen lassen will.

Gleichwohl gilt, dass verantwortliche Politik nicht nur die Aufgabe hat, die Bürger vor den Mörderbanden zu schützen. Sie muss zugleich dafür sorgen, dass sich die ängstliche Grundstimmung nicht noch weiter aufheizt. Das ist die andere Seite der Medaille. Ob Minister de Maizière sich und der Öffentlichkeit mit seiner Pressekonferenz am Dienstagabend einen Gefallen getan hat, muss deshalb stark bezweifelt werden. Noch mal: Es geht nicht um die Grundsatz-Entscheidung, eine Veranstaltung wie das Länderspiel abzusagen, wenn sich offenkundig Hinweise auf einen möglichen Anschlag verdichten. Besser so, als hinterher Tote oder Verletzte beklagen zu müssen. Und der Innenminister steht derzeit sicherlich unter besonderem Druck, da können Fehler passieren.

Doch wahr ist auch: Mit seiner Anmerkung, manche Antworten zu den konkreten Gründen für die Absage des Spiels würden die Bevölkerung verunsichern, hat er das Terror-Kopfkino erst in Gang gesetzt, hat Verunsicherung und Spekulationen ausgelöst. Dass de Maizière konkrete Erkenntnisse nicht preisgeben kann und will, ist verständlich. Es ist auch notwendig in der momentanen Gefährdungslage. Aber er hätte sich schlichtweg auf die Aussage beschränken müssen, dass jedes öffentlich verkündete Detail die Ermittlungsarbeit erschwert. Basta.

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