Statt Brüsseler Geldregen ist die große Dürre angesagt

Brüssel. Es geht um Gelder für Straßen, Freizeitbäder und Gleisanschlüsse. 348 Milliarden Euro bekommen Regionen und Kommunen zwischen 2007 und 2013 aus Brüssel überwiesen, um ihre Standorte attraktiver zu machen. Die Frage ist, wie lange noch

Brüssel. Es geht um Gelder für Straßen, Freizeitbäder und Gleisanschlüsse. 348 Milliarden Euro bekommen Regionen und Kommunen zwischen 2007 und 2013 aus Brüssel überwiesen, um ihre Standorte attraktiver zu machen. Die Frage ist, wie lange noch. Schon vor den ersten offiziellen Gesprächen über die nächste Finanzperiode von 2014 bis 2020, die im Herbst beginnen sollen, drängen sich viele um den prall gefüllten Geldtopf. Die Kommission drängt auf mehr Zentralisierung der drei Fonds für regionale Entwicklung, Kohäsion und soziale Belange. Brüssel würde dadurch zum Beispiel in der Verkehrs- oder Klimapolitik an Kompetenzen gewinnen. "Das wollen wir verhindern", sagt Markus Pieper (CDU), Experte für regionale Strukturfragen der christlich-konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Aber auch er ahnt: "Deutschland wird weniger Geld bekommen." Bisher können fünf deutsche Regionen die Höchstförderung aus Brüssel beanspruchen: Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Ab 2014 dürfte es nur noch eine sein. Der Grund ist hausgemacht: Durch den Beitritt der zahlreichen weniger entwickelten Länder im Osten der Gemeinschaft wandert viel Geld dorthin ab. Rund 20 Prozent der europäischen Gebiete, die derzeit hohe Förderungen erhalten, dürften deshalb künftig deutlich weniger oder gar nichts mehr bekommen. Das klingt alles plausibel, macht aber höchstens dann Sinn, wenn die Subventionen auch genutzt werden. An dieser Kontrolle mangelt es nämlich. Dabei geht es nicht nur darum, ob die Brüsseler Milliarden sinnvoll und korrekt eingesetzt werden. Künftig muss noch mehr darauf geachtet werden, ob die Mittel überhaupt abgerufen werden können. Tatsächlich bleiben in den diversen Fördertöpfen nämlich viele Millionen liegen, weil die anspruchsberechtigten Staaten den notwendigen Eigenanteil nicht stemmen können. Es macht aber wenig Sinn, den einen Gelder zu streichen, wenn sich die potenziellen Nutznießer eine Förderung gar nicht leisten können. Noch ist unklar, wohin Europa beim Umgang mit seinen armen Regionen steuert. Sollen demnächst nur noch die wirklich Schwachen unterstützt werden oder alle? Was geschieht mit Mitgliedstaaten, die permanent gegen die Stabilitätskriterien verstoßen? Antworten gibt es noch keine, Probleme aber viele. Gerade jene Regionen in Ostdeutschland, denen empfindliche Einbußen bei der EU-Förderung drohen, leiden beispielsweise unter den Folgen des demografischen Wandels. Sie verlieren bis 2020 rund ein Viertel ihrer erwerbstätigen Bevölkerung. Müsste Brüssel da nicht helfend eingreifen? Die Kommission sagt Ja, das Europäische Parlament auch. Fraglich ist nur, ob das Geld dafür reicht. Denn noch ist offen, woher die Gemeinschaft in der nächsten Finanzperiode ihre Einnahmen beziehen wird. Fest steht bislang nur, dass die Mitglieder vom bisherigen Beitrags-System (Deutschland zahlt dieses Jahr 21 Milliarden Euro) wegkommen wollen. Eine eigene EU-Steuer, die vor kurzem Schlagzeilen machte, hat keine Chancen auf Verwirklichung. Nach der Wirtschaftskrise und milliardenschweren Konjunkturprogrammen sind die Kassen der Mitgliedstaaten aber leer. Da dürfte eine schlechte Nachricht für die Empfänger von EU-Subventionen bereits feststehen: Brüssel wird künftig nicht mehr bis zu 85 Prozent einer geförderten Maßnahme finanzieren, sondern höchstens 65 Prozent. Wer also Geld von der EU will, muss dann mehr Geld mitbringen.

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