Spendierhosen sind im Saarland sehr in Mode

Saarbrücken · Analyse Im Landtagswahlkampf verteilen die Minister derzeit erstaunlich viel Geld.

Treffen sich mitten im Landtagswahlkampf zwei Bürgermeister. Sagt der eine zum anderem: Na, heute auch schon einen Zuwendungsbescheid bekommen? Es ist ein Witz, aber er ist in diesen Zeiten bei aller Übertreibung nicht so ganz abwegig. Die Landesregierung ist gerade in Spendierlaune. Alle paar Tage überreicht ein Minister irgendwo einen Scheck, vor allem Innenminister Klaus Bouillon (CDU) ist aktiv. "Er hat keine Skrupel, Geld auszugeben", sagt ein Bürgermeister, wobei nicht ganz klar wird, ob das ein Lob oder Kritik sein soll. Das Geld, das Bouillon verteilt, ist zum Teil gar kein Landesgeld, sondern stammt aus einem Topf, der den Kommunen gehört, aber vom Minister verwaltet wird. Viel Geld daraus, sagt Bouillon, wurde in den letzten Jahren nicht abgerufen, weil die Städte und Gemeinden ihren Eigenanteil nicht bezahlen konnten. Zum Teil sind es auch Bundes- und EU-Gelder, die jetzt verteilt werden, nicht nur vom Innenministerium.

"Überhaupt nichts" habe das mit der Landtagswahl am 26. März zu tun, sagte Bouillon, als er ein Sonderprogramm über 20 Millionen für marode Gemeindestraßen präsentierte. Die Erfahrung zeigt indes, dass die letzten Monate vor einer Wahl eine Zeit der guten Nachrichten sind - egal, welche Partei regiert. Die Minister heben sich positive Botschaften auf, um sie kurz vor der Wahl unters Volk zu bringen. Es soll sogar Minister geben, die ihren Zeitplan, wann sie was präsentieren, daran ausrichten, in welchen Wochen Infratest dimap Wahlberechtigte für den SR-"Saarlandtrend" anruft.

Die Liste der guten Nachrichten ist lang: Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU) verspricht Millionen für Krankenhäuser und kämpft für deutlich mehr Personal auf den Stationen. Bouillon legt ein Zehn-Millionen-Förderprogramm für Schwimmbäder auf, um das Bürgermeister seit Jahren gebettelt haben. Bei dieser Gelegenheit verspricht er auch gleich den Bau eines neuen Lehrschwimmbeckens. Dann, wie gesagt, die Millionen für den Straßenbau. "Pünktlich zur Wahl verteilen CDU und SPD mit großer Geste Geld für den Straßenbau, das den Kommunen ohnehin für Investitionen zur Verfügung stehen sollte", mokieren sich die Grünen.

"Es ist eine weit verbreitete Gewohnheit, vor den Wahlen die Spendierhosen anzuziehen und so zu tun, als ob es das eigene Geld sei", sagt die Linke-Landtagsabgeordnete Birgit Huonker. "Nach der Wahl wird dann geschaut, wo diese Ausgaben wieder eingespart werden können." Zu wessen Lasten das gehe, dürfte klar sein, meint Huonker, und schafft es, auch in dieser Kritik den Linken-Klassiker, die Forderung nach einer "Reichensteuer", unterzubringen. Die Ausgaben, die jetzt bekannt werden, sind nach Darstellung der Regierenden seriös finanziert.

Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) zum Beispiel präsentierte im Januar zusammen mit der Kabinettskollegin und SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger ein außerplanmäßiges Fünf-Millionen-Programm für die Schaffung zusätzlicher Kindergartenplätze. Das Geld stammt aus einem Investitionspaket, das die Landesregierung im August beschlossen hatte. Von den 30 Millionen ist, koalitionspolitisch korrekt, die eine Hälfte für CDU-geführte Ministerien reserviert, die andere Hälfte für SPD-Ressorts. Neben den Millionen für die Kindergärten sind in dem Paket unter anderem Mittel für schnelles Internet, für ein großes Rechenzentrum, für Krankenhäuser, den Brandschutz in Behinderteneinrichtungen, moderne Medien an Schulen, ein Sicherheitskonzept am Flughafen und die Sanierung von Landstraßen vorgesehen. Es wäre also nicht verwunderlich, wenn demnächst weitere Ministerien mit guten Nachrichten aufwarten.

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