SPD will mit Homo-Ehe gegen die Union punkten

Berlin · Analyse Bei der Ehe auch für schwule Paare glaubt die SPD die klare Mehrheit der Bürger hinter sich. Jetzt macht sie das Thema nochmal in der Regierung zum Thema.

(KNA) Sieben Monate vor der Bundestagswahl - und kaum drei Wochen vor der Wahl im Saarland - bringt die SPD ein gesellschaftspolitisches Thema in die Debatte ein, mit dem sie die Union kräftig ärgern kann: Fraktionschef Thomas Oppermann kündigte jetzt im "Spiegel" an, beim nächsten Koalitionsgipfel die "Ehe für alle" auf die Tagesordnung zu setzen. Ein Thema, bei dem Sozialdemokraten, Grüne und Linke weithin einig sind. Bei dem es aber in der Union ganz unterschiedliche Meinungen gibt.

Zuvor war durchgesickert, dass auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz die volle rechtliche Gleichstellung von Schwulen und Lesben zum Wahlkampfthema machen und damit die Union vor sich hertreiben will. SPD-Fraktionschef Oppermann begründete seinen Vorstoß allerdings mit einer Wertedebatte: "Derzeit sprechen alle davon, dass es gilt, unsere Werte zu verteidigen. Das darf aber nicht nur in Sonntagsreden passieren, sondern muss konkrete Politik sein", sagte er, ohne die Auseinandersetzung mit dem Islam direkt anzusprechen. "Zu diesen Werten gehört neben dem Schutz von Ehe und Familie auch die Gleichberechtigung von anderen Formen des Zusammenlebens." Seit Jahren fordert die SPD die "Ehe für alle". Auch im vergangenen Wahlkampf versprach sie "100 Prozent Gleichstellung".

Bei ihrem neuen Vorstoß können die Sozialdemokraten auf eine im Januar veröffentlichte Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes verweisen. Eine Mehrheit von 83 Prozent der befragten Bundesbürger bejaht danach die Eheschließung auch für Paare gleichen Geschlechts. Die Zustimmung sei noch nie höher gewesen, erklärte dazu Christine Lüders, die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle in Berlin.

Lüders nannte es ein "trauriges Zeichen", dass es in Deutschland - anders als bereits in 14 Staaten Europas - "noch immer keine Ehe für alle gibt". Der Gesetzgeber dürfe nicht länger hinauszögern, was eine Mehrheit längst als selbstverständlich akzeptiere. Ihr Plädoyer: "Wir brauchen eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und die vollständige rechtliche Gleichstellung bei der Adoption." Politisch sperrt sich dagegen die Union. Allerdings gibt es auch innerhalb der CDU Befürworter einer Gleichstellung. So erklärt Jens Spahn, CDU-Präsidiumsmitglied und selbst homosexuell: "Ich bin sicher, dass wir beim Thema Eheöffnung schon weit gekommen sind und auch in den nächsten Jahren, noch in diesem Jahrzehnt, die rechtliche Öffnung sehen werden." Die Saar-CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich dagegen wiederholt dafür ausgesprochen, die Ehe nur Verbindungen von Mann und Frau vorzubehalten - und dafür bundesweit heftige Kritik geerntet.

Im Ringen um eine Gleichstellung hatten in den vergangenen Jahren vor allem Gerichte Änderungen durchgesetzt. Die rot-grüne Bundesregierung sorgte dafür, dass homosexuelle Paare seit dem Jahr 2001 in der Bundesrepublik vor dem Standesamt eine Lebenspartnerschaft eingehen können. Im Steuerrecht etwa ist diese Partnerschaft der Ehe inzwischen weitgehend gleichgestellt. Allerdings: Kinder adoptieren können schwule oder lesbische Paare nach wie vor nicht. Seit 2014 ist bei eingetragenen Lebenspartnerschaften die sogenannte Sukzessivadoption möglich: Danach können Paare ein Kind adoptieren, wenn es zuvor bereits von einem der Partner adoptiert wurde.

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