SPD-Spitze will den Bauch der Partei erreichen

Saarbrücken. Eine Regierungskoalition zerlegt sich selbst und die Opposition schweigt dazu? So war es bisher, aber nun, kurz vor Angela Merkels Krisengipfel am Sonntag, verschärft die SPD den Ton deutlich. Schwarz-Gelb riskiere die Zukunft des Landes und die Kanzlerin breche ihre Wahlversprechen

Saarbrücken. Eine Regierungskoalition zerlegt sich selbst und die Opposition schweigt dazu? So war es bisher, aber nun, kurz vor Angela Merkels Krisengipfel am Sonntag, verschärft die SPD den Ton deutlich. Schwarz-Gelb riskiere die Zukunft des Landes und die Kanzlerin breche ihre Wahlversprechen. Diese Formulierungen stehen im Entwurf eines Positionspapiers, über das die SPD-Bundestagsfraktion heute in ihrer Neujahrsklausur berät. Autor ist der sonst eher zurückhaltende Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Er nannte Schwarz-Gelb gestern ein "Traumpaar, das auf alles vorbereitet war, bloß nicht aufs Regieren". Und parallel giftet SPD-Chef Sigmar Gabriel, dass die Koalition das Land in den "Staatsbankrott" steuere.Allerdings kann man diese Aussagen getrost auch als Ablenkung von eigenen Schwächen sehen, wie das Bellen eines verängstigten Hundes. Steinmeiers Papier dient weit mehr dem Finden einer eigenen Position in der Opposition als dem Angriff auf die Regierung. Offiziell klingt das aus Steinmeiers Mund so: "Wir widmen uns den wirklich wichtigen Fragen." Und das sind die Themen Industriepolitik und Arbeit. "Wie sollen die Arbeitsplätze von morgen entstehen und was müssen wir heute dafür tun", nennt der Fraktionsvorsitzende die Aufgabe. Seine Antwort fußt auf den Deutschland-Plan, den er selbst als Kanzlerkandidat im Wahlkampf vorgelegt hatte. Kern ist die Konzentration auf Zukunftsbranchen, insbesondere Umwelttechnologien. Unter anderem kommt IG-Metall-Chef Berthold Huber hierzu als Referent. Die SPD will sich als Wirtschaftspartei profilieren und die Union so auf ihrem ureigensten Feld angreifen.Bei der Parteivorstandsklausur am Sonntag und Montag wiederum geht es um den Bauch der Partei. Beraten wird, wie die Zusage von Parteichef Gabriel, die Basis künftig stärker an den Entscheidungen zu beteiligen, eingelöst werden kann. Gabriel hat dazu ein Konzept vorgelegt, zu dem unter anderem die Einrichtung von fünf "Zukunftswerkstätten" gehört. Das sollen relativ offene Diskussionsforen sein, in denen etwa über ein neues sozialdemokratisches Steuermodell oder die künftige Organisation der Sozialsysteme diskutiert werden soll. Auch die Debatte über Korrekturen bei Hartz IV und bei der Rente mit 67 soll in solchen Kreisen geführt werden. Wie und wann diese Zukunftswerkstätten zu Vorschlägen und Beschlüssen führen, ist noch offen. Eigentlich will man sich ausführlich Zeit nehmen. Mindestens bei der Rente mit 67 und bei Hartz IV könnte jedoch wegen der Landtagswahl im Mai in Nordrhein-Westfalen ein Vorziehen von Entscheidungen auf das Frühjahr beschlossen werden. Zu Korrekturen ist inzwischen auch der Agenda-2010-Erfinder Steinmeier bereit. Man müsse prüfen, wo es unerwünschte Nebenwirkungen gebe, meinte er gestern. Ausdrücklich nannte er Leiharbeit und Schonvermögen von Hartz-IV-Empfängern. Die SPD, darin ist man sich in der Führung einig, muss wieder von ganz unten her Vertrauen aufbauen, bei den eigenen Leuten und bei den Wählern. Für den Kampf gegen die schwarz-gelbe Steuersenkungspolitik sollen deshalb "neutrale" Bündnispartner gewonnen werden - die Kommunen. Die Folgen der leeren Gemeindekassen für die Versorgung der Bürger, von Kindergärten bis Straßen, will man thematisieren und eine "Bürgerbewegung gegen den Staatsbankrott" initiieren. Das klingt schon fast nach außerparlamentarischer Opposition.

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