Soziale Duftmarken

Wer in Ballungszentren oder lukrativen Universitätsstädten eine Wohnung sucht, der kann oft ein garstiges Lied singen. Über lange Schlangen bei Besichtigungsterminen, über Makler, die nur ihre Provision im Sinn haben, aber noch nicht einmal die Größe des Objekts genau kennen, und natürlich über satte Mieten.

All jene hören die Botschaft daher wohl, dass sich die künftige große Koalition stärker um ihre Belange kümmern will. Mit Mietpreisbremsen, Heizkostenzuschüssen und Steuererleichterungen für den Wohnungsneubau. Seltsam nur, dass die schwarz-roten Protagonisten ihre angepeilten Maßnahmen mit einem Verfallsdatum versehen haben: Die Dinge sollen erst einmal für fünf Jahre erprobt werden. Man kann das eine gesunde Skepsis nennen. Aber auch Betroffene sollten stutzig werden. Denn dass sich der vielerorts angespannte Wohnungsmarkt zum Besseren wendet, ist kaum zu erwarten.

Sicher klingt es gut, wenn der Eigentümer bei einer Wiedervermietung höchstens zehn Prozent auf die ortsübliche Vergleichsmiete draufschlagen darf. Doch in begehrten Wohngebieten ist schon die alte Miete so happig, dass ein Geringverdiener als neuer Mieter nicht infrage kommt. Eher werden sich höhere Einkommensschichten über diese Bremse freuen. Die Verlängerung der Frist für die maximale Anhebung von Bestandsmieten ist da ebenfalls kein Trost. Und wer vorgibt, dass eine gesetzlich verbriefte Überwälzung der Maklerkosten auf den Vermieter die Probleme löst, der ist entweder populistisch oder naiv. Wo die Nachfrage das Wohnungsangebot deutlich übersteigt, werden Vermieter garantiert Mittel und Wege finden, um sich auch bei den Maklerkosten am Mieter schadlos zu halten. Er dürfte den Obolus für die Vermittlung im Stillen "freiwillig" begleichen wollen, wenn es sich um seine Traumwohnung handelt.

Nein, solche Maßnahmen ignorieren schlicht die Wirklichkeit. Das beste Mittel gegen Engpässe auf dem Wohnungsmarkt sind immer noch neue und preiswerte Wohnungen. Da hat der amtierende Bauminister Peter Ramsauer zweifellos recht. Doch gerade hier sendet die große Koalition in Gründung eher widersprüchliche Signale aus. Einerseits werden die Standards für die Wärmedämmung immer anspruchsvoller, andererseits sollen die Eigentümer künftig weniger Kosten dafür auf den Mieter umlegen dürfen. Einerseits wollen Union und SPD den Neubau durch die Wiederbelebung der degressiven Abschreibung ankurbeln, andererseits wissen sie nicht, wo das Geld dafür herkommen soll. Finanzierungsvorbehalt heißt das im Fachjargon. Einstweilen hat Schwarz-Rot nur ein paar soziale Duftmarken gesetzt. Für eine nachhaltige Wohnungspolitik ist das zu wenig.

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